Europas Schuldenkrise : Bundesbank skizziert Weg zu tragfähiger Fiskalunion
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Konkrete Vorschläge: Für den Fall, dass sich ein Land nicht an die Haushaltsregeln hält, ginge nationale Souveränität auf die europäische Ebene über. Bild: Frank Röth, F.A.Z.
Wie könnte eine Fiskalunion in Europa aussehen, die wirklich etwas taugt? Der Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat dazu jetzt ganz konkrete Ideen geäußert.
Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat am Donnerstag den Weg zu einer aus seiner Sicht tragfähigen Fiskalunion beschrieben. Kernelement einer solchen aufs Nötigste beschränkten Fiskalunion seien strenge Haushaltsregeln. „Für den Fall, dass sich ein Land nicht an die Haushaltsregeln hält, ginge nationale Souveränität automatisch in dem Ausmaß auf die europäische Ebene über, dass dadurch die Einhaltung der Ziele gewährleistet werden kann“, sagte Weidmann laut Redetext in Mannheim. Denkbar sei zum Beispiel das Recht einer übergeordneten europäischen Institution, Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen nicht nur verlangen, sondern auch ohne Mehrheit im Parlament des betroffenen Landes durchsetzen zu können.
Sei auf diese Weise die Einhaltung der Haushaltsregeln gesichert, könne es auch eine gemeinschaftliche Haftung geben in Form einer Bankenunion oder gemeinschaftlich garantierter Staatstitel, sagte Weidmann. Damit beschreibt die Bundesbank erstmals im Detail, unter welchen Voraussetzungen sie die Einführung von Eurobonds für gerechtfertigt hält.
Entscheidend sei jedoch, dass zuerst der Rahmen verlässlich und auf Dauer angelegt und erst dann im zweiten Schritt die Haftung vergemeinschaftet werde. Würde man die Reihenfolge umkehren, „wäre zu erwarten, dass der zweite Schritt nie oder zumindest nicht adäquat erfolgt“, warnte Weidmann. „Eine gemeinschaftliche Haftung kann daher nur am Ende des Integrationsprozesses stehen und nicht am Anfang.“
Es sei ein Irrtum, dass die Gemeinschaftshaftung die aktuellen wirtschaftlichen Problem lösen könne, sagte der Bundesbankpräsident. Man könne dadurch nur Fehlentwicklungen kaschieren. „Die Ausweitung der Gemeinschaftshaftung ist daher keine Antwort auf eine drohende Reformmüdigkeit in Europa.“ Ungeachtet aller Änderungen am Ordnungsrahmen müssten auch in einer Fiskalunion Staaten mit finanziellen und gesamtwirtschaftlichen Ungleichgewichten ihre Wirtschaft und ihre Staatshaushalte in Ordnung bringen. „Je nach Ausgestaltung könnte eine Fiskalunion zwar größere Transferkomponenten enthalten“, sagte Weidmann. Er sei jedoch überzeugt, dass die Bürger es nicht hinnähmen, wenn Strukturprobleme in einzelnen Ländern mit Transfers „überkleistert und damit eher noch verfestigt“ würden.
Demokratische Legitimation als Voraussetzung
Notwendige Voraussetzung für eine tragfähige Fiskalunion sei neben den Durchgriffsrechten für die noch zu schaffende europäische Institution die demokratische Legitimation in allen Mitgliedsländern. Nationale Soveränität und Selbstbestimmung würden abgegeben. Dafür sei eine eindeutige Willensbekundung der Bevölkerung erforderlich.
„Nur so entsteht das Vertrauen, dass der neue Rahmen Akzeptanz und Rückhalt in der Bevölkerung und damit auch Bestand hat“, sagte Weidmann. Zudem seien umfassende Änderungen der Europäischen Verträge und der nationalen Verfassungen erforderlich. „Dieser Prozess erfordert Zeit, ist aber unumgänglich“, sagte Weidmann. Aus deutscher Perspektive sei wichtig, dass die Grundpfeiler einer an Stabilität orientierten Fiskalunion so abgesichert sind, dass sie nicht mit Mehrheitsbeschlüssen wieder geändert werden können.