
Europäische Zentralbank : Draghis Nagelprobe
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Nach dem Wunsch der Politiker soll die EZB weiter Anleihen angeschlagener Staaten auf dem Sekundärmarkt aufkaufen. Wie unabhängig ist die Zentralbank?
Wenn Nicolas Sarkozy das Hohelied der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) singt, trapsen die Nachtigallen. Am Sonntag hat der französische Präsident noch beteuert, gerade Frankreich halte diese Unabhängigkeit besonders hoch.
Begründet hat er das mit seinem Verzicht, die Forderung nach einer Bankenlizenz für den Euro-Krisenfonds EFSF weiterzuverfolgen. Die Kanzlerin hat dies als deutschen Erfolg verbucht: Die EZB bleibe an allen Versuchen, die EFSF „schlagkräftiger“ zu machen, unbeteiligt.
Das ist nur die halbe Wahrheit: Die Zentralbank soll nach dem Wunsch der Staats- und Regierungschefs weiter Anleihen angeschlagener Staaten auf dem Sekundärmarkt aufkaufen - selbstverständlich ganz und gar unabhängig. Der scheidende EZB-Präsident Trichet wollte den Aufkauf nach Abschluss des EFSF-Ausbaus beenden.
Was wird sein Nachfolger Mario Draghi tun? Der steht gleich vor einer Nagelprobe, zumal die betroffenen Anleihen aus seinem Heimatland kommen. Sein Landsmann Lorenzo Bini Smaghi hat unterdessen Gelegenheit, Sarkozys Beteuerungen zu testen - indem er gegen dessen Wunsch das EZB-Direktorium nicht vorzeitig verlässt.