Eurogruppenchef in Athen : Das Ende der Schonfrist
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Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem (l) und der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis nach ihrem ersten Treffen in Athen. Bild: AFP
Athen kündigt den Troika-Kontrolleuren der internationalen Geldgeber. Nach dem Machtwechsel ist der erste große Krach zwischen dem klammen Land und den anderen Euroländern da. Den griechischen Banken geht derweil das Geld aus. Eine Analyse.
Heute hat für den neuen griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras und seinen Finanzminister Giannis Varoufakis der Ernst des Regierens begonnen – und er begann mit einem veritablen Streit: „Unser Land weigert sich, mit der Troika zu kooperieren“, sagte Varoufakis nach seinem Treffen mit Jeroen Dijsselbloem, dem Finanzminister der Niederlande und Chef der Eurogruppe. Das den Griechen von der Troika (bestehend aus der EU, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds) auferlegte Sparprogramm sei „nicht in die Tat umsetzbar“, so Varoufakis. Außerdem habe das griechische Volk es bei den Parlamentswahlen am vergangenen Sonntag abgelehnt.

Korrespondent für südosteuropäische Länder mit Sitz in Wien.
Die neue griechische Regierung fordert stattdessen eine internationale Konferenz über einen (neuerlichen) Schuldenerlass für Griechenland. Eine solche Konferenz lehnte Dijsselbloem im Namen der anderen Staaten der Eurozone ab. „Es gibt bereits eine solche Konferenz, und die heißt Eurogruppe“, sagte er.
Der niederländische Sozialdemokrat hatte schon früher stets besonders deutliche Worte der Kritik für Athen gefunden. Unmittelbar vor der griechischen Parlamentswahl am Sonntag hatte er in einem Interview mit „Spiegel Online“ noch gewarnt: „Wer Unterstützung braucht, um seine Wirtschaft und seine öffentlichen Ausgaben zu finanzieren, der muss sich auch an Bedingungen halten.“ Es gibt eine ganze Reihe von Dijsselbloem-Zitaten nach diesem Muster. Vor Dijsselbloems Ankunft in Athen kolportierten Athener Medien seine Warnung: „Die Botschaft: ,Wir wollen eure Unterstützung, aber nicht eure Bedingungen‘, wird nicht zünden.“ Einen Schuldenschnitt, wie ihn Tsipras seinen Wählern versprochen hat, werde es nicht geben.
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Das Athener Finanzministerium beschrieb Dijsselbloems Besuch dagegen als den eigentlichen Auftakt zu den von der Regierung Tsipras angestrebten Nachverhandlungen mit Griechenlands Gläubigern: „Die Verhandlungen mit unseren Partnern beginnen mit diesem Besuch“, hieß es in einer Stellungnahme des Ministeriums, in der als Ziel der kommenden Gespräche eine „lebensfähige, umfassende Vereinbarung“ genannt wird. Kern von Neuverhandlungen, so die Linie der Regierungspartei Syriza, müsse ein Schuldenschnitt von 60 Prozent sein. Die derzeitige Schuldenlast sei nicht tragbar. Tatsächlich belaufen sich Griechenlands Schulden auf etwa 175 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das ist die höchste Staatsschuldenquote in der EU und die zweithöchste der Welt nach Japan.
Doch obwohl Griechenland gemessen an der jährlichen Wirtschaftsleistung fraglos eine erdrückend hoch wirkende Schuldenquote hat, gibt es auch eine andere Rechnung: Aufgrund der für das Land äußerst günstigen Kreditbedingungen (die Gläubiger gewährten bereits Laufzeitverlängerungen von bis zu einem halben Jahrhundert sowie niedrigere Zinssätze) muss Athen trotz der absoluten Höhe der Verbindlichkeiten viel weniger für den Schuldendienst aufwenden als viel niedriger verschuldete Mitgliedstaaten der Eurozone. Vor 2020 muss Griechenland an seine europäischen Gläubiger ohnehin nichts zurückzahlen, jegliche Tilgung ist bis dahin ausgesetzt – und danach beginnt die Rückzahlung zu äußerst günstigen Zinssätzen.