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Rechte im Netz : Wie sich Urheber schützen können

  • -Aktualisiert am

Über Hyperlinks durchs Netz reisen Bild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Im Internet können fremde Inhalte problemlos in Webseiten eingebettet werden. Die Rechtsprechung setzt dem jedoch Grenzen.

          2 Min.

          Wie die Helden von „Star Wars“ mittels Hyperantrieb durch die Galaxie, können die Nutzer des Internets mittels Hyperlinks durch das Netz reisen. Im einen Fall werden die Gesetze der Physik, im anderen die des Urheberrechts herausgefordert. Mit diesem Bonmot eröffnete Generalanwalt Spzunar seine Schlussanträge in einem Fall vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zum Framing: Der Inhalt einer Website wird über einen Link so in die eigene Website eingebunden, dass der Betrachter den eingebetteten Inhalt nicht als fremden Inhalt identifizieren kann. Der Betreiber einer Website nutzt ein fremdes Werk als Baustein eigener Gestaltung.

          Neue Öffentlichkeit durch Framing ?

          Nach der Luxemburger Rechtsprechung soll dies zulässig sein: Wer sein Werk im Internet zugänglich macht, wendet sich an die gesamte Internetöffentlichkeit; wird das Werk im Rahmen des Framings in eine neue Website eingebunden, werde daher keine neue Öffentlichkeit erreicht. Das gilt nach einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) jedoch nicht, wenn das Framing unter Umgehung technischer Schutzmaßnahmen erfolgt. Die Karlsruher Richter folgen den Vorgaben des EuGHs, nach dem eine eigene öffentliche Wiedergabe im Sinne des Urheberrechts vorliegt.

          Der Entscheidung des BGHs geht ein jahrelanger Zug durch die Instanzen bis hin zum EuGH voraus. Um Werke der ihr angeschlossenen Urheber gegen eine unkontrollierte Weiterverbreitung im Internet zu schützen, machte die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst (VG Bild-Kunst) den Abschluss eines Lizenzvertrages mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz von der Implementierung technischer Schutzmaßnahmen gegen Framing abhängig. Derartige Schutzmaßnahmen sind ohne hohen finanziellen und technischen Aufwand umsetzbar. Dennoch weigerte sich die Stiftung, der Vertragsabschluss scheiterte. Man entschied sich für die Durchführung eines Musterverfahrens zur Klärung der Rechtslage: Können sich Urheber gegen Framing wehren? Anders ausgedrückt: Kann eine Verwertungsgesellschaft die Einräumung von Nutzungsrechten davon abhängig machen, dass der Lizenznehmer technische Schutzmaßnahmen gegen Framing trifft? Nach dem Urteil des EuGHs kann es auf diese Frage nur noch eine Antwort geben.

          Der BGH wollte sie dennoch nicht entscheiden und hat die Sache zur neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Ist es auch bedauerlich, dass der BGH keinen Schlussstrich gezogen hat: Im Rahmen einer unionskonformen Rechtsanwendung kann das Berufungsgericht nur zugunsten der VG Bild-Kunst entscheiden. Das Urteil des EuGHs lässt keinen Spielraum. Die VG Bild-Kunst ist treuhänderisch verpflichtet, die Rechte der ihr angeschlossenen Urheber angemessen wahrzunehmen. Der EuGH hat klargestellt, dass Rechteinhaber die Erlaubnis zur Verwertung ihrer Werke nur durch wirksame technische Schutzmaßnahmen einschränken können. Dann aber gibt es für die VG Bild-Kunst nur eine Möglichkeit, wie sie die Werke der von ihr vertretenen Urheber vor einer unkontrollierten Weiterverbreitung im Netz schützen kann – und als Treuhänderin muss. Indem sie von Lizenznehmern die Implementierung von technischen Schutzmaßnahmen verlangt.

          Jede andere Entscheidung widerspräche auch der langjährigen Rechtsprechung des EuGHs. Tragen Hyperlinks auch zum Meinungs- und Informationsaustausch im Netz bei, greifen sie im Rahmen des Framings unverhältnismäßig in die Rechte der Urheber ein. Mittels Framing können sich Dritte Werke nicht nur kostenlos zu eigen machen und den Urheber damit seiner Lizenzierungsmöglichkeit berauben. Der Urheber verliert darüber hinaus jegliche Kontrolle über den Kontext, in dem sein Werk wiedergegeben wird. Er muss eine Nutzung zu Werbe- ebenso wie zu politischen, ja gar Propagandazwecken dulden. Sein Werk wird zum Baustein in einem fremden Bau.

          Die Autorin ist Anwältin in der Kanzlei Norde­mann. Zusammen mit Christian Czychowski hat sie die VG Bild-Kunst in dem Verfahren vertreten.

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