EU verbietet Fusion : Die einsame Börse
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Dürfen nicht zusammengehen: die Börsen in Frankfurt (l) und New York Bild: dpa
Die EU hat die Fusion der Deutschen Börse mit der New Yorker NYSE Euronext verboten. Die Deutsche Börse bekam dabei keinerlei politische Unterstützung. Daran ist sie selbst schuld. Eine Analyse.
Gemeinsam sind wir stark. In diesem Glauben haben die Deutsche Börse und die Nyse Euronext ihren Zusammenschluss zur weltgrößten Börse vorangetrieben. Verinnerlicht hat die Deutsche Börse diesen Satz jedoch nicht. Auf einsamen Wegen hat sie versucht, die Fusion in Deutschland und Europa zum Ziel zu führen und ist gescheitert. Die Deutsche Börse hat es versäumt, sich für den Weg zum Ziel Mitstreiter zu suchen. Mangelnde Verankerung in Wirtschaft und Politik wurden der Börse letztlich zum Verhängnis.
Begonnen hat der Weg in die Einsamkeit schon vor mehr als zehn Jahren. Da zog die Börse aus dem Zentrum Frankfurts ins Industriegebiet des Stadtteils Hausen, fernab der Fressgass und des Bankenviertels. Vor knapp zwei Jahren folgte der Affront gegen die Stadt des Betreibers der Frankfurter Wertpapierbörse: der Umzug ins Gewerbegebiet Eschborn-Süd, um der höheren Frankfurter Gewerbesteuer zu entkommen.
Die Frankfurter Börse hat sich schlecht präsentiert
Mit der räumlichen Entfernung ging auch die Verankerung der Börse in der Stadt verloren. Oft wird eine Börse als Herz eines Finanzplatzes bezeichnet. In Frankfurt ist sie das jedoch längst nicht mehr. Sie hat sich auf die Rolle als Bereitsteller einer computergetriebenen Handelsinfrastruktur beschränkt. Jede Gelegenheit, sich in der Finanzkrise Gehör zu verschaffen, wurde verpasst. Die Börse wurde mitsamt der restlichen Finanzindustrie auf die Anklagebank gesetzt. Stattdessen hätte es genug Gelegenheiten gegeben, die wahre Rolle der Börse darzustellen. Sie ist mitnichten einer der Verursacher der Finanzkrise. Wären alle Finanzprodukte an einer transparenten und regulierten Börse gehandelt worden, die Krise wäre zumindest früher erkannt worden.
Die Börse hat sich jedoch wie üblich zurückgehalten und das Podium den Investmentbankern und geschädigten Anlegern überlassen. Auch ist von ihr wenig bis nichts zu ihrer bedeutenden volkswirtschaftlichen Rolle zu hören gewesen, zum Beispiel als Kapitalbeschaffungsstelle für Wachstumsunternehmen mittels Börsengängen. Überhaupt ist der Beitrag der Börse zu einer Verbesserung der Aktienkultur in Deutschland nahe Null.
Mögliche Helfer wurden vor den Kopf gestoßen
Diese jahrelangen Versäumnisse hätte die Börse im Zuge der Fusion nicht plötzlich wettmachen können. Sie hätte aber über ihren Schatten springen und vom ersten Tag an in der Öffentlichkeit offensiv für die Fusion werben müssen. Sie hat dies nicht nur verpasst, sie hat sogar alle möglichen zentralen Gesprächspartner vor den Kopf gestoßen. Der Betriebsrat suchte immer wieder das Gespräch und fühlte sich in keinster Weise mit seinen Bedenken ernst genommen. Der hessische Wirtschaftsminister Dieter Posch, der ebenfalls über die Fusion zu befinden hat, bekam erst neun Monate nach Bekanntwerden der Fusion einen Besuch der Vorstandsvorsitzenden Duncan Niederauer und Reto Francioni. Auf seine Bedenken wurde seither nicht eingegangen.
Aus ihrer selbstgewählten Einsamkeit am Finanzplatz hat die Börse nicht herausgefunden. Sie erfuhr daher keinerlei politische Unterstützung, die ihr in Brüssel das Leben hätte leichter machen können. Weder konnten die Vorbehalte der hessischen CDU/FDP-Landesregierung ausgeräumt werden noch die der Mittelstandsvereinigungen oder bedeutenden Lokalpolitikern. Die hessische Landespolitik warb daher weder in Berlin noch in Brüssel für die Fusion und die Bundesregierung ließ lediglich über eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums wissen, dass sie sich nicht in Brüssel für das Vorhaben einsetzen werde.