Nachhaltige Batterien : EU-Parlament will festverklebte Handy-Akkus verbieten
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Hersteller von Handys könnten bald schon dazu verpflichtet sein, Verbrauchern den Einbau von Ersatzakkus zu ermöglichen Bild: Frank Röth
Wenn der Akku nicht mehr funktioniert, landen viele Handys, Computer, Haushaltsroboter oder Kopfhörer im Müll. Das will das Europaparlament nun ändern – und damit nicht nur die Umwelt schützen.
Batterien und Akkus spielen in vielen Produkten vom Laptop über Staubsaugerroboter und Elektrofahrzeug bis zur Industriebatterie eine immer größere Rolle. Der Markt ist riesig. Schätzungen gehen für das Jahr 2025 von einem Volumen von 250 Milliarden Euro aus. Zugleich ist der Anteil der Batterien, die am Ende ihrer Lebensdauer wiederverwertet werden, weiter relativ gering. Das ist für die Umwelt, aber auch die Versorgung der EU mit Rohstoffen und damit die Unabhängigkeit von unsicheren Lieferanten ein Problem, wie der Ukrainekrieg zeigt. „Putins Angriff auf die Ukraine fordert Europas Rohstoffversorgung heraus, umso dringender benötigen wir Substitution und Märkte für recycelte kritische Rohstoffe“, sagt die EU-Abgeordnete Henrike Hahn (Grüne).
Das Europaparlament will deshalb mit neuen EU-Regeln sicherstellen, dass Batterien nachhaltiger produziert und zu einem höheren Anteil wiederverwertet werden. Die Abgeordneten stimmten jetzt in Straßburg für einen entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission von Ende 2020 und verschärften ihn in einigen Punkten. So will das Parlament den Anteil recycelter Rohstoffe wie Kobalt, Lithium, Nickel oder Blei in Batterien stärker steigern. Sie sollen schon bis 2026 eine Recyclingquote von 90 Prozent erreichen. Einen Beitrag dazu soll ein europäisches Pfandsystem für Batterien und Akkus leisten. „Wir fordern die Kommission deshalb auf, hier schnell Analysen und Vorschläge nachzulegen“, sagt die CDU-Abgeordnete Hildegard Bentele. Das Parlament gibt der Kommission dafür Zeit bis 2025.
„Langlebige und reparierbare Geräte“
Um zu verhindern, dass mit dem Ende der Lebensdauer von Akkus das ganze Produkt weggeworfen werden muss, will das Parlament das feste Einbauen oder Verkleben von Akkus in Telefonen, Computern, Kopfhörern, Haushaltsrobotern, Elektrozahnbürsten, aber auch E-Fahrrädern oder Rollern verbieten. Die Nutzer sollen sie mit handelsüblichen Werkzeugen austauschen können. Der Hersteller muss sicherstellen, dass es für die erwartete Lebensdauer eine Produkts Ersatzakkus gibt. Zudem sollen unabhängige Reparaturbetriebe den Austausch vornehmen dürfen, wenn sich ein Nutzer das selbst nicht zutraut. Die Industrie läuft dagegen Sturm. Sie argumentiert, das gefährde die Haltbarkeit und Sicherheit der Batterien.
Die Hersteller müssen die Verbraucher informieren, wie hoch die Energie- und Leistungsfähigkeit von Batterien ist, und Angaben über die Haltbarkeit und Ladedauer machen. Das soll die Nutzer dazu bewegen, hochwertige, langlebige Batterien zu kaufen. Das senke die Emissionen, die bei der Produktion der Batterien anfielen, argumentiert das Parlament.
Darüber hinaus müssen die Hersteller für Auto- und andere Transportbatterien sowie Industriebatterien den CO2-Fußabdruck über den gesamten Produktzyklus berechnen und angeben. Die Verbraucher sollen das über einen QR-Code auslesen können. Die Kommission soll bis Ende 2025 prüfen, ob das auf alle Batterien ausgeweitet werden kann. „Die Verbraucher haben so endlich die Wahl, sich für saubere, langlebige und reparierbare Geräte zu entscheiden“, betont die Europaabgeordnete Anna Cavazzini von den Grünen. Von 2027 an soll eine Obergrenze für den CO2-Fußabdruck gelten, die die Herstellung von Batterien mit fossilen Brennstoffen faktisch ausschließt. Damit wollen die Europaabgeordneten sicherstellen, dass die neuen Gigafabriken, die momentan in der EU zur Batteriefertigung gebaut werden, mit 100 Prozent Ökostrom betrieben werden.
Das Europaparlament verpflichtet die Hersteller, ihre Lieferketten zu kontrollieren, um Verstöße gegen Menschenrechte und den Umweltschutz zu verhindern. Das zielt etwa darauf, dass der Abbau von Lithium in Chile, Bolivien und Argentinien zu Wassermangel führt. Das Parlament greift damit in gewisser Weise dem kürzlich von der Europäischen Kommission vorgelegten Lieferkettengesetz vor. In Kraft treten sollen die neuen Regeln für Batterien am 1. Januar 2023. Zunächst muss nun allerdings noch der Ministerrat, das Gremium der Mitgliedstaaten, seine Position festlegen. Anschließend müssen sich das Europaparlament und der Ministerrat auf eine gemeinsame Linie einigen, damit die Regeln in Kraft treten können.