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Milliarden gegen die Krise : EU-Parlament stimmt Corona-Aufbaufonds zu

Die Flaggen der Mitgliedsländer der Europäischen Union wehen vor dem Europa-Parlament in Straßburg. Bild: dpa

Vor einem halben Jahr einigten sich die EU-Mitgliedstaaten auf ein Programm gegen die Folgen der Krise. Jetzt hat auch das Parlament grünes Licht für das Finanzpaket geben. Bis das Geld fließt, könnte es allerdings noch dauern.

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          Von begeisterter Zustimmung konnte unter den Europaabgeordneten angesichts der Verabschiedung des Corona-Aufbaufonds durch das Europäische Parlament keine Rede sein. Dennoch hat das EU-Parlament das Finanzprogramm am Mittwoch endgültig angenommen. Zwar hat das Parlament den Fonds, der das Herzstück des im vergangenen Herbst beschlossenen 1,8 Billionen Euro schweren EU-Finanzpakets bildet, immer begrüßt. Die Abgeordneten stören sich aber über alle Parteigrenzen hinweg daran, dass sie bei der Vergabe der Mittel aus dem Fonds nicht mitreden dürfen.

          Hendrik Kafsack
          Wirtschaftskorrespondent in Brüssel.

          Letztlich machen am Ende die Staaten unter sich aus, ob das Geld im Sinne des Aufbaufonds eingesetzt wird. „Die Mitgliedstaaten wollten von Anfang an ein Konto, von dem sie ungestört Geld abheben können, ohne dass sie sich an lästige Vorgaben aus Brüssel halten müssen“, kritisiert der CSU-Abgeordnete Markus Ferber.

          Insgesamt kann der Aufbaufonds 672,5 Milliarden Euro vergeben. Nimmt man Zuschüsse für spezielle EU-Programme hinzu, sind es sogar 750 Milliarden Euro. Davon sind 312,5 Milliarden Zuschüsse an die Staaten, die diese nicht zurückzahlen müssen. Deutschland stehen davon 23 Milliarden Euro zu. Die Mitgliedstaaten müssen der Kommission dafür bis Ende April Reformpläne vorlegen. 37 Prozent sollen darin für den Klimaschutz und 20 Prozent für die Digitalisierung reserviert werden.

          Darüber hinaus sollen die Pläne sich an den von der EU-Kommission alljährlich für jedes Mitgliedsland vorgelegten Reformvorschlägen im Rahmen des sogenannten Europäischen Semesters orientieren. Bisher haben die Staaten, auch Deutschland, diese Empfehlungen aus Brüssel weitgehend ignoriert. Die Kommission hatte die Bundesregierung zuletzt etwa aufgefordert, den Faktor Arbeit steuerlich zu entlasten, das Ehegattensplitting abzuschaffen oder das deutsche Rentensystem zu modernisieren.

          Deutschland will sein Konjunkturpaket finanzieren 

          Der vorläufige Entwurf des deutschen Reformplans geht darauf nicht ein. Die deutsche Regierung will das Geld vor allem nutzen, um das Konjunkturpaket aus dem Sommer 2020 umzufinanzieren. „Der wirtschaftliche Effekt verpufft, wenn die Bundesregierung zu 77 Prozent geplante und finanzierte Maßnahmen mit EU-Geld umschuldet“, warnt deshalb der Abgeordnete der Grünen Sven Giegold.

          Der Volt-Abgeordnete Damian Boeselager, der die Verhandlungen über den Fonds für die Fraktion der Grünen geführt hat, fürchtet vor allem, dass Deutschland und Frankreich ein negatives Vorbild sind: „Wenn andere Länder sehen, dass die beiden europäischen Schwergewichte nicht den wichtigen Gang der grundlegenden Modernisierung durch neue Investitionen und Reformen gehen, werden sie auch sich selbst nicht zu wichtigen Reforminitiativen durchringen.“ Das sei umso wichtiger, da die Staaten sich bei der Verabschiedung der nationalen Pläne über die Beurteilung der Kommission hinwegsetzen und gemeinsam unambitionierte Pläne durchwinken könnten.

          Bevor das erste Geld aus dem Fonds fließen kann, müssen die Mitgliedstaaten allerdings zunächst noch den Weg für die Aufnahme von Schulden durch die EU frei machen. Bisher haben das erst sechs Staaten, Frankreich, Bulgarien, Portugal, Slowenien, Kroatien und Zypern, getan. Auch der Bundestag muss dem noch zustimmen. Erst danach, voraussichtlich im Laufe des Julis, kann die Kommission erste Anleihen ausgeben und Geld an die Mitgliedstaaten weiterreichen. Verteilt sein soll das Geld bis Ende 2023.

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