Fluganbieter in Not : EU billigt abermals Condor-Hilfe
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Fliegen mit Staatshilfe: Condor-Flugzeug am Flughafen Leipzig/Halle Bild: dpa
Grünes Licht für ein 525-Millionen-Euro-Paket: Die Kommission heilt Mängel einer früheren Freigabe und räumt eine Hürde für die Condor-Zukunft aus. Noch im Juli soll ein Investor einsteigen.
Freie Bahn für den Erneuerungskurs des deutschen Ferienfliegers Condor. Die EU-Kommission hat am Dienstag Corona- und Restrukturierungshilfen über 525 Millionen Euro freigegeben. Damit scheint auch die letzte Hürde für den angekündigten Einstieg des Finanzinvestors Attestor bei Condor ausgeräumt, der zunächst 51 Prozent der Fluggesellschaft übernehmen will.
Condor war im Herbst 2019 durch den Zusammenbruch des damaligen Mutterkonzerns Thomas Cook und ab Frühjahr 2020 durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie in Bedrängnis geraten. Die Ende Mai vereinbarte Transaktion mit dem neuen Investor dürfte nun noch im Juli vollzogen werden.
„Wir freuen uns, dass die EU-Kommission die notwendigen beihilferechtlichen Genehmigungen erteilt hat, damit Attestor wie geplant Mehrheitseigentümer von Condor werden kann“, sagte eine Unternehmenssprecherin. „Damit sind alle Closing-Bedingungen erfüllt.“ Das Closing, der Vollzug der Mehrheitsübernahme, werde nun formalrechtlich in den nächsten Tagen abgeschlossen und ende mit dem Transfer des neuen Eigenkapitals von Attestor an Condor.
EU sieht Beitrag zum „Green Deal“
Der Finanzinvestor, der auch am Autovermieter Europcar beteiligt und in die dortigen Übernahmepläne des Volkswagen-Konzerns involviert ist, hatte angekündigt, 200 Millionen Euro frisches Eigenkapital bei Condor einzubringen. Weitere 250 Millionen Euro will Attestor für den Ersatz der in die Jahre gekommenen Condor-Langstreckenflugzeuge durch das Leasen neuer emissionsärmerer Jets beisteuern. Diese Absicht würdigt die EU-Kommission in ihrer Freigabe, da sie zum Erreichen der Klimaschutzziele im „Green Deal“ der EU beitrage.
Aus gleich zwei Gründen hatte die EU-Kommission abermals Hilfen für Condor zu genehmigen. Zum einen hatte der Billigflieger Ryanair gegen eine erste Freigabe von Corona-Hilfen geklagt. Das zuständige EU-Gericht in Luxemburg sah Mängel in der Begründung der Genehmigung und erklärte die Kommissionsentscheidung für nichtig. Nun hat die Kommission nachgebessert.
Zum anderen soll Condor für die Restrukturierung unter Führung des neuen Investors weitere Hilfe bekommen, die nun freigegeben wird. So verzichten der Bund und das Land Hessen jeweils auf die Rückzahlung von 75 Millionen gewährter Hilfen – zusammen also auf 150 Millionen Euro. Das gilt auch als staatlicher Beitrag zum Erhalt von rund 4000 Arbeitsplätzen bei Condor.
Hilfspaket gerät komplex
Die Luftfahrt sei besonders hart durch Beschränkungen in der Pandemie getroffen worden, sagte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Mit den Hilfen erhalte Condor einen Ausgleich für die wirtschaftlichen Schäden durch diese Einschränkungen. Der gebilligte Restrukturierungsplan sichere Condor zudem den Weg zum langfristigen Überleben.
Wegen der Verknüpfung verschiedener Hilfen fällt die Erläuterung der Kommission zur Freigabe komplex aus – zudem will man wohl weiteren Klagen vorbeugen. Im Detail genehmigt die Kommission nun 204 Millionen Euro Corona-Hilfe, von denen Condor 144 Millionen Euro, die Hilfsbedarf für das Jahr 2020, zurückzahlen muss. Die weiteren 60 Millionen Euro, auf diesen Wert wird der Hilfsbedarf durch Corona-Einschränkungen in den ersten fünf Monaten des Jahres 2021 beziffert, werden im Rahmen des Forderungsverzichts von Bund und Land Hessen gebilligt. 321 Millionen Euro werden als Restrukturierungshilfe für den Zukunftskurs von Condor freigegeben, darin enthalten ein staatlicher Forderungsverzicht von 90 Millionen Euro.
Zur Rechtfertigung der staatlichen Restrukturierungshilfen führt die Kommission auch aus, dass private Beiträge einen größeren Anteil an der Unterstützung ausmachten. So steuere neue Investor Attestor Geld bei, Gläubiger verzichteten insgesamt auf Forderungen von 630 Millionen Euro.
Condor hat eine bange Zeit hinter sich. Nach dem Aus von Thomas Cook konnte der Betrieb in einem insolvenzähnlichen Schutzschirmverfahren nur durch ein Darlehen der staatlichen KfW-Bank aufrechterhalten werden. Der Bund und das Land Hessen sprachen Garantien dafür aus. Die bereitgestellten 380 Millionen Euro schöpfte Condor zwar nicht aus, doch das polnische staatliche Luftfahrtunternehmen PGL nahm in der hereingebrochenen Corona-Pandemie von einer fest vereinbarten Übernahme Abstand. Da wegen der geplatzten Übernahme kein Geld floss, konnte die erste Condor-Hilfe nicht getilgt werden. Ein weiteres 550-Millionen-Euro-Paket wurde zur Tilgung und als Corona-Hilfe aufgelegt. Ein Teil davon ist nun im neuen am Dienstag gebilligten Paket enthalten.
Condor hofft – auch wegen der fortschreitenden Corona-Impfungen – auf eine schnelle Erholung des Reiseverkehrs. Nach internen Sparrunden soll die neue Langstreckenflotte weiter die Effizienz steigern. Condor sieht sich mit der neuen Lufthansa-Marke Eurowings Discover aber auch einem Konkurrenten gegenüber, der nun für Urlauber identische Langstreckenverbindungen anbieten will.