
Regulierung des Internets : (K)ein digitales Grundgesetz
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Eine Demonstration gegen Rassismus Bild: dpa
Das neue Gesetz für digitale Dienste steht. Die EU will damit der Verbreitung illegaler Inhalte sowie von Desinformation und Hetze im Internet einen Riegel vorschieben. Das Grundproblem aber wird nicht gelöst.
Die EU darf stolz darauf sein, mit welchem Tempo sie die Regulierung des Internets vorantreibt. Nach dem Gesetz für digitale Märkte, mit dem die EU die Marktmacht von Google, Amazon, Facebook und Apple einschränkt, haben sich Europaparlament und Mitgliedstaaten nun auch auf das Schwestergesetz, das Gesetz für digitale Dienste geeinigt. Mit diesem DSA schafft die EU klare Regeln für den Umgang der Plattformen mit illegalen Inhalten und stellt zugleich sicher, dass die Nutzer gegen das vorschnelle Löschen von Beiträgen vorgehen können. Er schiebt der Manipulation der Nutzer durch irreführende Angebote einen Riegel vor und setzt – weltweit – neue Standards für die Einschränkung der Verbreitung von Desinformationen, Hass und Hetze im Internet.
Wie wichtig letzteres ist, hat der russische Krieg gegen die Ukraine nochmals gezeigt. Die großen Internet-Plattformen müssen künftig einmal im Jahr prüfen, ob ihre Empfehlungs-Algorithmen Desinformation und Hetze gezielt besser platzieren und so verbreiten. Geht davon eine Gefahr für die Demokratie, die Meinungsvielfalt oder das mentale Wohlergehen ihrer Nutzer aus, müssen sie Abhilfe schaffen.
Zudem müssen sie der Kommission und Wissenschaftlern Zugang zu ihren Algorithmen verschaffen. Ohne den so erzeugten Druck geht es leider nicht. Verschwörungstheorien, Desinformation und Gewaltvideos verkaufen sich zu gut – sprich werden viel geklickt –, als dass Facebook, Instagram oder Tiktok sonst auf die mit ihnen erzielten Werbeeinnahmen verzichten würden.
Die starke Rolle der Kommission bei der Kontrolle behagt nicht jedem. Sie ist allerdings nötig, um den Fehler der Datenschutzgrundverordnung zu vermeiden, dass Deutschland jeden Sportverein kontrolliert, Irland aber die dort sitzenden Internet-Giganten frei gewähren lässt. Die Bezeichnung des DSA als neues „Grundgesetz für das Internet“ ist dennoch wohl zu hoch gegriffen. Insbesondere wie die Einschränkung von Desinformation und Hetze funktioniert, muss sich erst noch erweisen. Am Grundproblem, dass ihre Verbreitung für die Plattformen finanziell sehr attraktiv bleibt, ändern auch die neuen Kontrollen des DSA schließlich nichts.