Für Wiederaufbaufonds : EU-Schuldenaufnahme soll im Juli beginnen
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Johannes Hahn Bild: Reuters
Haushaltskommissar Hahn will im Juli mit der EU-Schuldenaufnahme beginnen. Doch das deutsche Verfassungsgericht hat dem Bundespräsidenten einstweilen untersagt, das Gesetz zum EU-Aufbaufonds auszufertigen.
Der 750 Milliarden Euro schwere EU-Aufbauplan ist noch nicht einsatzfähig, da werden allen voran aus Frankreich schon Forderungen nach einem zweiten Aufbaupaket laut. Haushaltskommissar Johannes Hahn hat solchen Ideen nun eine Absage erteilt. „Wir sollten uns darauf konzentrieren, erst einmal das umsetzen, was wir beschlossen haben“, sagte Hahn am Mittwoch in Brüssel bei der Vorstellung der Kommissionspläne zur Finanzierungsstruktur des EU-Aufbauplans.
Es gebe schon zahlreiche nationale und europäische Programme, um die Wirtschaft nach der Corona-Krise wieder aufzubauen und die grüne und digitale Transformation voranzubringen. „Wenn das am Ende nicht reichte, können wir immer noch sehen“, sagte Hahn.
Der Haushaltskommissar zeigte sich zuversichtlich, dass die EU wie geplant im der zweiten Hälfte des Jahres mit der Aufnahme der zur Finanzierung des Aufbauplans nötigen Schulden beginnen kann. Dazu müsste das deutsche Verfassungsgericht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erlauben, das von Bundestag und Bundesrat verabschiedete Gesetz dazu zu unterschreiben. Das Gericht hat ihm das im März vorläufig in einer Eilentscheidung untersagt. Es will damit Zeit für eine weitere Prüfung gewinnen, bevor durch eine Unterzeichnung Tatsachen geschaffen werden.
Zuschüsse und Kredite
Hahn betonte, die Kommission habe ihren Vorschlag für den Aufbauplan im Mai vergangenen Jahres im Vorfeld ausführlich mit den Mitgliedstaaten diskutiert, von denen bekannt gewesen sei, dass es verfassungsrechtliche Bedenken geben könne. Darunter sei auch Deutschland gewesen. Deshalb habe sich die Kommission am Ende entscheiden, Artikel 122 der EU-Verträge zur Grundlage zu machen, der auch klar machen, dass der Fonds eine zeitlich begrenzte und einmalige Angelegenheit sei.
„Einen Plan B in dem Sinne gibt es nicht“, sagte Hahn. „Für den unwahrscheinlichen Fall, dass das nicht der Fall ist, ist die Situation ganz klar: Wir brauchen die Zustimmung von allen 27 Mitgliedstaaten.“
Außer Deutschland haben noch neun andere Staaten den Eigenmittelbeschluss noch nicht ratifiziert. Das sind Polen, Ungarn, Österreich, Finnland, Rumänien, die Niederlande, Irland, Estland und Litauen. Die Kommission stehe bereit, betonte Hahn. Sie könne, wenn alles extrem reibungslos laufe, schon im Juni mit der Ausgabe von ersten Anleihen beginnen. Er habe sich aber Anfang Juli als Ziel gesetzt.
Zur Finanzierung des Aufbauplans will die EU nach den am Mittwoch vorgestellten Plan von Mitte dieses Jahres bis Ende 2026 Anleihen von 150 Milliarden Euro im Jahr (in laufenden Preisen) ausgeben. Ein Drittel davon sollen „Grüne Anleihen“ sein, die im Einklang mit den Zielen des „Grünen Deals“ stehen müssen. Die EU werde damit zu größten Emittenten solcher Anleihen auf der Welt, sagte Hahn.
Wie viel Anleihen genau schon in diesem Jahr ausgegeben werden, hängt auch von den Aufbauplänen der Mitgliedstaaten ab, die diese bis Ende April einreichen müssen. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass es dabei zu Verzögerungen kommen könnte. Anschließend muss zunächst die Kommission die Pläne prüfen und der Ministerrat sie anschließend annehmen.
Den Mitgliedstaaten stehen aus dem 750 Milliarden Paket 312,5 Milliarden Euro an Zuschüssen und 360 Milliarden Euro an Krediten zur Verfügung. Zur Vorfinanzierung können sie in diesem Jahr 13 Prozent der Zuschüsse abrufen. Der Großteil des Gelds soll erst in den drei folgenden Jahren fließen. Das für die Vorfinanzierung benötigte Geld könne innerhalb von zwei Monaten aufgenommen werden, sagte Hahn. Die ersten Staaten könnten dann im Juli, die anderen im September Geld erhalten.