Ernährungsmesse eröffnet : Grillenfrikadellen und Acai-Beeren-Müsli
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Ist das was zu essen? Aber klar: ein Fladenbrot, das durch rote Beete gefärbt wurde. Bild: dpa
Nicht einmal mehr in einem Viertel der Haushalte wird noch täglich warm gekocht. Trotzdem wollen sich alle ausgewogen ernähren. Ob das mit Hilfe von Insekten-Fleisch gelingt, ist nur eine der Fragen auf der gerade eröffneten Messe Anuga.
Die Möhren, der Grünkohl und die Salatblätter sind schon gewaschen und zerkleinert. Aus der Tüte kommen sie gekühlt direkt in den Mixer. Eine Banane und Orangensaft dazu, und die Zutaten werden zu einem grünen Smoothie gemischt. Auf der Neuheitenliste der an diesem Samstag beginnenden Ernährungsmesse Anuga finden sich auch Kokosnuss-Proteinriegel, ein veganes Acai-Beeren-Müsli, vegetarische Burger aus weißen Pilzen oder ein Thunfisch-Ersatzprodukt aus Sojabohnen. Die Anbieter auf der größten Branchenschau der Welt schielen damit auf die sich wandelnden Essgewohnheiten.
Immer mehr Deutsche legen Wert auf eine gesunde, nachhaltige Ernährung, wie die Forscher der GfK in einer Studie ermittelt haben. Der Anteil solcher Haushalte, die etwa eine hohe Affinität zu biologischen, fair gehandelten oder regionalen Produkten aufweisen, sei in den vergangenen zehn Jahren von 22 auf 29,3 Prozent geklettert, berichtete Robert Kecskes von der GfK in Köln. Dass es dabei auch zu Widersprüchlichkeiten im Verhalten kommt, sei allerdings nicht von der Hand zu weisen. Beispielsweise könne eine Familie zwar einerseits im Bio-Laden einkaufen, andererseits aber eine abfallträchtige Kapselkaffeemaschine nutzen.
„Verbraucher wollen sich zunehmend ausgewogener ernähren“, sagt auch Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE). Auch wenn noch längst nicht alle Teile der Bevölkerung mit dem Schlagwort der gesunden Ernährung etwas anfangen könnten, wie er einräumte. Hier sei noch eine Menge Aufklärungsarbeit erforderlich.
Viel Protein, wenig Laktose
Besonders dynamisch wächst derzeit laut GfK die Nachfrage nach Proteinprodukten. So werden auf der Anuga etwa proteinreiche Eiscreme, Joghurts mit extra viel Eiweiß, Soja-Schnitzel oder proteinhaltige Chips gezeigt. Eine Wurst mit wenig Fett und viel Eiweiß stellt das Münchner Start-up Grillido vor. Vor allem von jungen Konsumenten, die mehr für ihre Fitness und Kondition tun wollen, würden solche Artikel gekauft, heißt es. Der Protein-Trend ziehe sich quer durch alle Produktgruppen. Als gelungene Neueinführung verwies Kecskes beispielhaft auf einen Quark mit hohem Proteingehalt, der als Konkurrenz zum Joghurt gedacht ist.
Stärker gefragt sind auch Free-From-Produkte, also Produkte ohne Laktose, Zucker oder Gluten. Zuwächse weisen auch die sogenannten Superfoods auf, die den Konsumenten einen gesundheitsfördernden Zusatznutzen versprechen. Dazu zählen etwa Chia-Samen, die Aronia-Beere, die Frucht der Acai-Palme oder auch Grüntee und Guarana. Die Aufgeschlossenheit der Verbraucher habe aber auch ihre Grenzen, stellte Minhoff fest. So fänden etwa aus Insekten hergestellte Nahrungsmittel kaum Akzeptanz. In Köln zu probieren gibt es etwa kleine Bällchen, die wie Frikadellen anmuten, aber aus Grillen zubereitet wurden. Unterdessen haben die Bio-Produkte mittlerweile praktisch alle Haushalte erreicht, wie Kecskes berichtete. „Bio ist inzwischen Mainstream und wird von den Verbrauchern nicht mehr hinterfragt.“ Der Bio-Anteil an den Lebensmittelausgaben hat sich innerhalb von zehn Jahren nahezu verdoppelt auf 5,7 Prozent. Zuletzt wurde mit Bio-Lebensmitteln ein Jahresumsatz von 6 Milliarden Euro erzielt. Stärkerer Beliebtheit erfreuen sich auch vegetarische und vegane Produkte.
Die Küchen bleiben häufiger kalt
Bei aller Gesundheitsorientierung bleiben die deutschen Küchen immer häufiger kalt. Nicht einmal mehr in einem Viertel der deutschen Haushalte wird noch täglich warm gekocht. Als Gründe gelten der steigende Außer-Haus-Verzehr und der Ausbau der Übermittagsbetreuung in Kindergärten und Schulen. Veränderungen zeichnen sich laut GfK auch infolge der zunehmenden Verbreitung von Sprachassistenten wie Alexa ab, die etwa zum Erstellen von Einkaufkisten genutzt werden. „Der nächste Schritt ist, dass solche Geräte gleich das ganze Menü vorschlagen“, sagte Kecskes.
Die Anuga ist an diesem Samstag von der nordrhein-westfälischen Landwirtschaftsministerin Christina Schulze-Föcking eröffnet worden. Die größte Ernährungsmesse der Welt kann einen Rekord von gut 7400 Ausstellern aus 107 Ländern verzeichnen. Partnerland ist in diesem Jahr Indien.