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Klimaabkommen : Alle gegen Trump

Donald Trump lässt die Welt warten. Bild: AP

Heute Abend verkündet Donald Trump seine Entscheidung. Tritt Amerika aus dem Klimaabkommen aus? Warum Trump dann nicht nur Staaten, Unternehmen und Wissenschaftler gegen sich hätte – sondern auch das eigene Volk.

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          Donald Trump muss ein Wahlversprechen einlösen – und er hält stur daran fest. Anders scheint es kaum zu erklären, dass der amerikanische Präsident gegen alle Widerstände ernsthaft in Erwägung zieht, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen. Schon am Mittwoch wurde in mehreren amerikanischen Medien heftig spekuliert, eine Entscheidung könnte unmittelbar bevorstehen. Für diesen Donnerstagabend hat Trump eine offizielle Erklärung angekündigt, wie es weitergeht.

          Hanna Decker
          Redakteurin in der Wirtschaft.

          Mehrere wichtige Unternehmenslenker in Amerika haben schon angekündigt, dass sie mit einem Ausstieg Amerikas nicht einverstanden wären. Allen voran Elon Musk, Chef von Tesla und Space X, der in verschiedenen Gremien Donald Trump in Wirtschaftsfragen berät. Er habe keine andere Wahl, als diese dann zu verlassen, kündigte er auf dem Kurznachrichtendienst Twitter an.

          Im Abkommen ist das Ziel definiert, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen, idealerweise sogar auf 1,5 Grad. 197 Staaten haben das Abkommen unterschrieben, 144 haben es inzwischen ratifiziert, darunter auch die großen Schwellenländer Indien und China.

          Doch nicht nur die Wirtschaft stellt sich gegen Trump. Fragt man die Amerikaner selbst, sieht das Bild ähnlich aus. In einer Umfrage des Think-Tanks „Chicago Council on Global Affairs“ sprachen sich im November mehr als zwei Drittel (71 Prozent) aller Amerikaner für einen Verbleib im Abkommen aus. Unter den Demokraten waren es 87 Prozent, und selbst mehr als die Hälfte der Republikaner (57 Prozent) war dafür.

          Selbst wenn man die Menschen mit den Kosten konfrontiert, die die Bekämpfung des Klimawandels verursachen könnte – darunter könnten zum Beispiel Ausgaben der Unternehmen für Emissionszertifikate fallen – sagen noch 41 Prozent, der Klimawandel sei „ein ernstes und dringendes Problem“, gegen das man vorgehen müsste, selbst wenn es „gravierende Kosten“ mit sich bringen würde. Hier zeigen sich aber deutliche Unterschiede zwischen Demokraten (62 Prozent) und Republikanern (19 Prozent). Nur 19 Prozent der Amerikaner lehnen alle Maßnahmen, die den Staat oder die Wirtschaft etwas kosten, generell ab. Auf die Frage, ob der Klimawandel eine „kritische Bedrohung für die Vereinigten Staaten“ sei, antworten 39 Prozent mit „Ja“.

          Dass Demokraten und Republikaner die Bekämpfung des Klimawandels so unterschiedlich sehen, könnte auch daran liegen, dass viele Republikaner nicht daran glauben, dass der Klimawandel von Menschen verursacht wird. Laut einer Studie des Pew Research Center vom September 2016 glauben nur 15 Prozent der Menschen, die dem konservativen Flügel der Republikaner zuzurechnen sind, an den menschengemachten Klimawandel, 36 Prozent glauben überhaupt nicht daran, dass das Phänomen existiert. 48 Prozent von ihnen leugnen nicht, dass der Klimawandel stattfindet, sehen aber nicht den Einfluss des Menschen.

          Unter den Anhängern der Demokratischen Partei, die deren liberalem Flügel zuzurechnen sind, sieht das ganz anders aus: 79 Prozent gehen davon aus, dass der Mensch die Schuld für die Erderwärmung trägt. Dieser Einschätzung schließt sich auch die überwältigende Mehrheit der Klimaforscher an.

          Eine Studie der Yale University zusammen mit der George Mason University vom Februar 2017 kommt zu ähnlichen Erkenntnissen. Diese sind vor allem interessant, weil die Forscher nach der Wahl dezidiert die Menschen befragt haben, die Donald Trump gewählt haben. Von ihnen bekennt sich die Hälfte zum Klimawandel, 21 Prozent sind sich unsicher, ob er existiert, 30 Prozent lehnen ihn ab. Nicht einmal jeder dritte Trump-Wähler ist allerdings der Meinung, der Präsident solle das Abkommen aufkündigen.

          Viele Politiker warnten Donald Trump am Donnerstag noch einmal davor, das Abkommen zu verlassen. Indien, China und Russland kündigten an, auch dann am Abkommen festhalten zu wollen, wenn Amerika es aufkündigt. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel sagte, falls das Abkommen insgesamt scheitere, würden sich die Wüsten ausbreiten und Kriege und Bürgerkriege um Wasser stattfinden. Dies würde wiederum Folgen haben für die Flüchtlings- und Wanderungsbewegungen auf der Welt.

          Der Chef der Unionsfraktion Volker Kauder betonte, das Abkommen sei „sicherlich eines der wichtigsten internationalen Abkommen“, die in den vergangenen Jahren abgeschlossen wurden“. „Wir müssen im Sinne der nächsten Generationen weiterhin das tun, was wir für richtig halten.“

          Auch der britische Außenminister Boris Johnson forderte von Amerika ein klares Bekenntnis zum Klimaschutz. Großbritannien versuche weiterhin auf allen Ebenen, Einfluss auf seinen Partner auszuüben. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker rief dazu auf, einen etwaigen Ausstieg nicht zu stark zu dramatisieren. Zwar wäre es nicht gut, wenn Amerika austrete. Europa habe jedoch einen Anspruch auf eine natürliche Führungsrolle im Klima-Prozess. EU-Ratspräsident Donald Tusk appellierte auf Twitter an Trump: „Bitte verändern Sie das (politische) Klima nicht zum Schlimmeren.“

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