Erneuerbare auf dem Vormarsch : Keine Angst vor Donald Trumps Klimapolitik!
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Das Kapitol in Washington vor einem Kraftwerk Bild: dpa
Ein Energieminister, der den Klimawandel leugnet, ein Faible für Braunkohle und Pläne für mehr Fracking. Donald Trumps Klimapolitik klingt nach Rückschritt. Doch die Ökoenergie ist kaum zu stoppen.
Auf den ersten Blick scheint die künftige amerikanische Regierung auf die alten Methoden der Energiewirtschaft zu setzen: das Ausbuddeln und Verbrennen fossiler Rohstoffe. Dafür stehen Donald Trumps Versprechen an Bergarbeiter, die verlorengegangenen Arbeitsplätze in den Kohlerevieren zurückzubringen. Dazu passen Pläne, Landflächen im Eigentum der Bundesregierung für Fracking und andere Bergbaumethoden zu öffnen. Schließlich gibt das Personaltableau, das Trump für die wichtigen Schaltstellen der Energie- und Umweltpolitik vorgesehen hat, eine Gewähr, dass die Interessen der Produzenten fossiler Energieträger gewahrt bleiben.
Die amerikanischen Umweltverbände sind entsetzt, dass der Staatsanwalt von Oklahoma, Scott Pruitt, die Oberste Umweltbehörde des Landes leiten soll, deren klimapolitische Direktiven er vor Gericht (erfolgreich) bekämpft hatte. Texas ehemaliger Gouverneur Rick Perry, den Trump mit dem Energieministerium betrauen will, ist nach der Überzeugung der Umweltorganisation Friends of the Earth außergewöhnlich unqualifiziert für die Aufgabe.
Er bezweifelt, wenn man Wahlkampfäußerungen für bare Münze nimmt, den menschlichen Einfluss auf den Klimawandel und dürfte als langjähriger Gouverneur von Texas ein großes Herz für die Öl- und Gasförderer seines Bundesstaates haben. Das Ende, so scheint es, der amerikanischen Klimaschutzpolitik naht.
Auch ein Klimawandelleugner ist kein Problem
Auf den zweiten Blick wird die Angelegenheit deutlich weniger kritisch für die Freunde des Klimaschutzes und die Produzenten von Ökoenergie. Ziemlich genau vor einem Jahr hat der Kongress mit Stimmen aus beiden Parteien die Förderung von Solar- und Windenergie über Steuernachlässe über Jahre hinaus verlängert und damit gesichert, dass erneuerbare Energien weiter ausgebaut werden.
Dass zu viel Pessimismus nicht angesagt ist, lässt sich auch an der Personalie des sogenannten Klimawandelleugners Rick Perry illustrieren. In dessen 14 Jahren als Gouverneur von Texas hat sich der Bundesstaat zum führenden Windenergieproduzenten des Landes gemausert. Wäre Texas ein Staat, wäre es heute der sechstgrößte Windenergieerzeuger der Welt knapp hinter Spanien mit einer Kapazität von 18 Gigawatt.
An einigen stürmischen Tagen im vergangenen Winter lieferten Windräder 40 Prozent des Stroms in Texas. Die wichtigste Voraussetzung neben der staatlichen Förderung für den Boom war der entschlossene Ausbau des Stromleitungsnetzes. Denn Texas produziert die Windenergie in abgelegenen stürmischen Gegenden im Westen, verbraucht wird sie in den urbanen Zentren im Osten. Der Netzausbau geschah unter Gouverneur Rick Perry.
Die Wind Coalition, eine Lobbygruppe der Windenergie-Produzenten, spricht von einem außergewöhnlich visionären Infrastrukturprojekt. Wollte Perry damit auch nicht den Klimawandel stoppen, so sah er doch eine Chance, Arbeitsplätze und Betriebe in abgelegenen Gegenden seines Bundesstaates zu sichern. Ein anderer großer Förderer der erneuerbaren Energien ist ebenfalls enger Gefolgsmann Donald Trumps:
Amerikas Solarindustrie bleibt zuversichtlich
Es ist der künftige Botschafter in China und aktuelle Gouverneur von Iowa, Terry Branstad. Er hat mit Fördergesetzen die Windenergie in seinem Bundesstaat vorangetrieben. Iowa ist bei Windenergie die Nummer zwei in Amerika und bei Biodiesel und Ethanol die Nummer eins. Trump hat ihm im Wahlkampf versprochen, die auch ökologisch hochumstrittene Pflicht, dem Brennstoff zum Betrieb von Autos Ethanol beizumischen, aufrechterhalten zu wollen.
Auch Amerikas Solarindustrie bleibt trotz des Regierungswechsels höchst zuversichtlich: Sie hat dieses Jahr im ganzen Land rund 16 Gigawatt installiert, 88 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. GTM Research erwartet einen Rückgang der Neuinstallationen im Jahr 2018 wegen steuerlicher Vorzieheffekte, danach aber eine Fortsetzung des Booms mit mehr als 20 Gigawatt installierter Sonnenenergie-Kapazität im Jahr 2020 - Trump hin oder her. Das konkrete Beispiel liefert wieder Texas. Der Bundesstaat ist wegen seiner vielen Sonnentage prädestiniert für Photovoltaik, hinkt aber dem Trend noch hinterher.
Doch hier könnten Marktkräfte einen Aufschwung bewirken: Die Preise für Solarpaneele sind seit 2009 um 80 Prozent gesunken, was Texas’ staatlichen Netzbetreiber Ercot bewogen hat, seine Projektionen für Sonnenenergie deutlich nach oben zu schrauben. Innerhalb der nächsten 15 Jahre werde Texas Sonnenenergie-Anlagen mit einer Kapazität zwischen 14 und 27 Gigawatt installieren, erwartet Ercot. Einkalkuliert sind dabei allerdings Umweltauflagen, die vor allem Kohlekraftwerke belasten und von denen noch nicht klar ist, wie sie unter einer neuen Regierung verändert werden.
Die größten Verlierer bleiben die Kohlekumpel
Für Klimaschützer ist auch die erklärte Absicht Trumps, das Fracking zu deregulieren, nicht zwangsläufig eine schlechte Nachricht. Das durch Fracking gewonnene Erdgas hat nach und nach Kohle als Brennstoff für die Stromerzeugung ersetzt. Weil das Erdgas deutlich sauberer verbrennt, fallen Amerikas CO2-Emissionen auf das niedrigste Niveau seit 25 Jahren. Im ganzen Land legen Energiekonzerne Kohlekraftwerke still, ohne dass Umweltauflagen dafür verantwortlich wären.
Denn Kohle ist teuer im Vergleich zu Gas und zu Windenergie in einigen Regionen. In Michigan, rechnet Gerry Anderson vor, der Chef des regionalen Stromversorgers GTE Energy, kostet ein Kohlekraftwerk 133 Dollar je Megawatt, ein Gaswerk kostet die Hälfte, und selbst Wind ist nach seiner Rechnung deutlich billiger. Sein Versorger legt acht der neun Kohlekraftwerke bis 2030 still. Er kenne niemanden im Land, der ein neues Kohlekraftwerk errichten wolle.
Damit zeichnet sich ab, wer trotz aller Versprechen zu den großen Verlierern in der amerikanischen Energiewirtschaft wird: die Kohlekumpel. Selbst wenn Trump wie angekündigt den Kohlebergbau von Umweltauflagen befreien lässt, verbessert sich seine Wettbewerbsfähigkeit kaum. Denn Fracking soll ebenfalls dereguliert werden, womit das konkurrierende Gas günstig bleibt. Die Kohleförderer leiden auch darunter, dass China angesichts der globalen Überkapazität weniger Kohle für Stahlerzeugung bestellt. Besserung ist nicht zu erwarten.