Werner Wenning : Eon-Aufsichtsratschef: Der Staat stiehlt sich beim Atomausstieg davon
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Werner Wenning, 69, hat 1966 als Lehrling zum Industriekaufmann bei Bayer angefangen. Von 2002 bis 2010 war er Vorstandschef von Bayer. Heute sitzt er in mehreren Aufsichtsräten. Wenning hat Mandate bei Bayer, Eon, Henkel, Siemens. Bild: Edgar Schoepal
Werner Wenning ist Deutschlands mächtigster Aufsichtsrat. Im Interview mit der Sonntagszeitung rechnet er mit der deutschen Politik ab. Die Energiewende sei existenzbedrohender Murks.
Der Energiekonzern Eon will die Politik für den Ausstieg aus der Atomenergie in die Pflicht nehmen. „Der Staat stiehlt sich davon, dabei war die Kernenergie von Anbeginn an auch ein politisches Projekt“, sagt Aufsichtsratschef Werner Wenning der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung im Interview: „Vergessen Sie nicht: Franz-Josef Strauß trug den Titel 'Atomminister'“.
Politik und Industrie müssten jetzt eine gemeinsame Lösung suchen und finden, sagt Wenning: „Mir fällt kein Industriezweig ein, mit dem die Politik so umgesprungen ist. So sprunghaft, so existenzbedrohend.“ Der drastische Verfall des Börsenwertes der deutschen Energiekonzerne hat laut Wenning die Ursache auch darin, dass die Investoren sich fragen: „Welche Grausamkeit kommt morgen?“
So sei es nun Aufgabe der Politik, „für eine tragfähige und zeitgerechte Endlagerlösung zu sorgen“, fordert der Eon-Kontrolleur in der Sonntagszeitung. „Gorleben hatte vor vier Jahrzehnten seinen Start, ohne dass bis zum heutigen Tag ein Endlager genehmigt ist. Wir brauchen in der Endlager-Frage endlich eine Lösung.“ Die Konzerne allein sieht er mit der Problematik überfordert: „Kein Unternehmen vermag Risiken zu schultern, die vielleicht in 100 oder 150 Jahren eintreten.“
Wennings Urteil über die Energiewende fällt vernichtend aus. Jeder sehe, welcher Murks bei dem Projekt veranstaltet werde, sagt der Manager in der F.A.S. Drei Ziele wurden mit der Energiewende verfolgt, so Wenning: Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit, Klimaschutz. „Von den drei Zielen wurde bisher kein einziges erreicht.“
Für die deutsche Volkswirtschaft insgesamt erwartet der Multiaufsichtsrat (Mandate bei Bayer, Eon, Henkel, Siemens) für 2016 ein moderates Wachstum: „irgendwo zwischen 1,6 und 1,8 Prozent“, auch dies habe mit der Leistung der Politik wenig zu tun, fügte er an: „Was die große Koalition anpackt, hat der Wirtschaft nicht geholfen. Stattdessen gibt es immer zusätzliche Belastungen durch den Ausbau der Sozialsysteme. Ich kann auch kaum Impulse für den Innovationsstandort Deutschland festmachen.“