Solarenergie : Strom aus dem Schrank
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Mit der Sonnenbatterie der Sonnen GmbH können Haushalte den eigens produzierten Strom auch speichern und ins Netz einspeisen. Bild: Jan Roeder
Die Solaranlage auf dem Dach, eine Batterie so groß wie ein Schrank im Keller: So kann sich jeder selbst mit Strom versorgen.
Für Strom braucht man ein großes Kraftwerk und lange Leitungen, so war das früher. Heute dagegen braucht man eine Solaranlage auf dem Dach, eine Sonnenbatterie im Haus und einen Internetzugang, und schon kann man sich der Gemeinschaft der Sonnen GmbH anschließen. Der Allgäuer Hausbatterien-Hersteller ist zum Energieversorger geworden und hat - mit Hilfe seiner Kunden - inzwischen genügend Strom, um 70 000 Haushalte zu versorgen. Sie alle bilden die Community.
Wer mitmacht, zahlt keine Grundgebühr mehr an die Stadtwerke oder einen der großen Energieversorger wie Vattenfall, Eon oder RWE. Er bekommt keine Abrechnung über Kilowattstunden am Jahresende und schon gar nicht deftige Nachzahlungen. Stattdessen gibt es eine Flatrate von maximal 19,90 Euro, verspricht die Sonnen GmbH.
Unterstützung aus dem Silicon Valley
Die erste Voraussetzung - eine Solaranlage - erfüllen hierzulande schon viele. 1,6 Millionen Anlagen sind auf deutschen Dächern inzwischen montiert. Angesichts dieser Menge setzt das Unternehmen, das bisher in 13 000 Haushalten seine Sonnenbatterien eingebaut hat, in den nächsten Jahren auf das ganz große Geschäft.
Als große Unterstützung für den Mittelständler mit inzwischen 250 Mitarbeitern und einem Umsatz von 50 Millionen Euro stellte sich ausgerechnet der Silicon-Valley-Unternehmer Elon Musk heraus, der für seine Elektro-Sportwagen auch Batterien produziert. Als Nebenprodukt warf er 2015 mit großer medialer Wirkung die „Powerwall“ auf den Markt, eine Hausbatterie zu Schleuderpreisen.
Mit einem Schlag erreichte die Idee, dass Haushalte ihren eigenen Strom nicht nur produzieren, sondern eben auch speichern und damit von externer Stromversorgung unabhängig werden können, die Verbraucher. „Das war für uns nicht schlecht“, sagt Philipp Schröder, Geschäftsführer der Sonnen GmbH. „Vor allem deshalb nicht, weil wir das sehr viel bessere und auch erfolgreichere Produkt als Tesla haben“, sagt er selbstbewusst.
Inzwischen ist man auch in den Vereinigten Staaten auf das Unternehmen aus dem Allgäu aufmerksam geworden. Die Sonnen GmbH schaffte es in diesem Jahr auf die Liste der 50 innovativsten Unternehmen der Welt, die das Massachusetts Institute of Technology (MIT) jährlich zusammenstellt. Sonnen GmbH liegt auf Platz 28 noch vor Bosch. Denn das Unternehmen baut intelligente Batterien, Hightech-Stromspeicher, die nicht nur Strom speichern, sondern auch mit einer Plattform kommunizieren können. Durch den Zusammenschluss der Kunden über die Plattform entsteht ein virtuelles Kraftwerk, das die Sonnen GmbH leitet und den Strombedarf der Kunden aufeinander abstimmt. Noch ist das Kraftwerk klein, aber das wird nicht so bleiben.
Die Bedingungen dafür hat die deutsche Energiepolitik schon vor Jahren geliefert. Durch die Liberalisierung der Netze in Deutschland kann inzwischen jeder zum Stromanbieter werden. Im Silicon Valley, wo eigentlich der Fortschritt zu Hause ist, ist so etwas gar nicht denkbar. Außerdem wird hierzulande jede Solaranlage bisher unabhängig vom Zeitpunkt ihres Einbaus durch eine feste Einspeisevergütung über zwanzig Jahre lang gefördert. Die Bundesregierung hatte das im Jahr 2000 so festgelegt, 2020 läuft diese Förderung für die ersten, im Jahr 2000 schon montierten Solaranlagen aus. „Spätestens dann werden sich diese Haushalte fragen, was sie mit dem überschüssigen Strom eigentlich machen sollen“, sagt Schröder.
Frage nach Speicherung und Flexibilität
Die Anlagen seien zwar abgeschrieben, aber arbeiten immer noch gut und produzieren fortan Strom zum Nulltarif. Soll man den Strom einfach weiter produzieren und umsonst ins Netz abgeben? „Die Haushalte werden sich einen Speicher zulegen und sich auf eine Plattform schalten, damit sie den selbst produzierten Strom in erster Linie für sich selbst nutzen können“, sagt Schröder. Er hofft, 2020 mit dem einsetzenden Ende der Förderung für die ersten Solaranlagen mit einer größeren Nachfragewelle.
In den kommenden Jahren werden es immer mehr, weil die Bundesregierung seinerzeit mit der Förderung einen wahren Photovoltaik-Boom entfacht hat. Die Gesamtleistung des privat produzierten Stroms entspricht inzwischen dem mehrerer Atomkraftwerke. „Wir werden in Deutschland also in eine Ära kommen, in der es vor allem darauf ankommt, wer Speicherkapazität und Flexibilität hat“, sagt Schröder.
Die Sonnen-Speicher des Allgäuer Herstellers aus Wilpoldsried können als flache, unauffällige Kästen binnen zwanzig Minuten zum Beispiel an die Kellerwand eines Hauses montiert werden. Wer auch noch keine Solaranlage hat, kann beides installieren lassen. Zwischen 10 000 und 15 000 Euro kostet die Installation einer Anlage und einer Sonnenbatterie mit Software für ein normales Einfamilienhaus. Danach läuft, so das Angebot der Allgäuer Firma, alles nur noch über Sonnen GmbH: Sie ist der Messstellenbetreiber und der Energieversorger.
Für den Anschluss an die Plattform bekommt der Kunde einen Preisnachlass für seine Sonnenbatterie von knapp 2000 Euro. Fällig ist nur noch die Flatrate, unabhängig davon wie viel Strom er verbraucht. Den Strom, den er nicht selbst nutzt, speist er wie gehabt ins Netz ein und erhält dafür die aktuelle Vergütung.
„Über die intelligente Batterie wissen wir, wie viel Strom der Kunde aus seiner Solaranlage auf dem Dach produziert und wie viel er in der Regel wann verbraucht“, sagt Schröder. Diese Daten nutze die Sonnen GmbH, um den Strom der angeschlossenen Haushalte sinnvoll untereinander zu verwalten - so dass jeder den notwendigen Strom bekommt. Strom aus den konventionellen Energiequellen, ganz so wie früher, braucht die Sonnen GmbH dann nur noch, um die Spitzen in Produktion und Nachfrage auszubalancieren.