Nach der Wahl von Trump : Kann China das Weltklima retten?
- -Aktualisiert am
Außer Atem: Trotz des Smogs lassen sich diese Frauen Fuyang ihre Morgenübungen nicht nehmen. Bild: dpa
Nach der Wahl Trumps in Amerika ruhen die Hoffnungen der Klimaschützer ausgerechnet auf dem größten CO2-Emittenten der Welt. Doch Zweifel an dieser Rolle für das Riesenreich sind erlaubt.
An einem Wochenende im Dezember wollten in der westchinesischen Stadt Chengdu Bürger gegen die Luftverschmutzung durch Chemiefabriken demonstrieren. In den Tagen zuvor hatte sich der Smog so stark verdichtet, dass die Messwerte aus der Kategorie „gesundheitsgefährdend“, die von der Weltgesundheitsorganisation definiert wird, auf „sehr gesundheitsgefährdend“ kletterten.
Als die Behörden von dem Protest erfuhren, reagierten sie schnell: Chengdus Polizei verhängte Berichten zufolge eine Nachrichtensperre, ordnete die Zensur privater Kurznachrichten an, nahm vorübergehend ein halbes Dutzend Menschen fest und verhaftete einen Mann wegen der Verbreitung von „Gerüchten“. Dann sperrte sie den zentralen Tianfu-Platz ab, auf dem der Protest hatte stattfinden sollen. Vor den Gittern fuhren Fahrzeuge einer Sondereinheit auf, die darauf spezialisiert ist, Unruhen niederzuschlagen. Mehrere Tage blieben sie dort in Alarmbereitschaft.
Umweltaktivisten hoffen auf China
Weltweit fand der Vorfall wenig Beachtung. Er passte nicht ins Bild. Seit feststeht, dass der Klimaschutzgegner Donald Trump Ende Januar als amerikanischer Präsident ins Weiße Haus ziehen wird, haben sich die Hoffnungen vieler internationaler Umweltaktivisten und Wissenschaftler überraschenderweise auf China verlagert: Ausgerechnet der größte Emittent der Welt, der mehr Kohlendioxid (CO2) ausstößt als Amerika und Europa zusammen, soll in die Lücke stoßen, die Trump aufzureißen droht.
Trump, so die Erwartung, werde den Kampf Barack Obamas gegen die Erderwärmung nicht nur ruhen lassen, sondern womöglich auch zurückdrehen. Anstelle der Vereinigten Staaten werde deshalb die Volksrepublik aus Fernost die internationale Gemeinschaft künftig anführen, wenn es um die Verwirklichung und Ausweitung der vereinbarten Ziele zur Reduzierung von Emissionen geht, glaubt etwa Isabel Hilton von der Umweltplattform Chinadialogue.
Chinas Auftritt beim Klimagipfel in Marrakesch
Als Beleg für diese These gilt zuerst der Anruf des chinesischen Präsidenten Xi Jinping bei Trump, der seinen künftigen Amtskollegen ermahnt haben soll, nicht von dem vor einem Jahr beim Klimaschutzgipfel in Paris vereinbarten Ziel abzurücken, die Erderwärmung unter zwei Grad zu halten. Dieses Jahr fand der Klimagipfel in Marrakesch statt. China nutzte die überraschend frei gewordene Bühne: Welche Politik Amerika hinsichtlich des Klimaschutzes künftig auch verfolgen möge, es werde nichts an Chinas Willen ändern, weitere Verhandlungen zu unterstützen und den Pariser Pakt umzusetzen, verkündete der chinesische Vizeaußenminister Liu Zhenmin stolz. Dies liege im Interesse seines Landes.
Die Aussage ist teilweise richtig: Für viele Chinesen steht heute die Legitimität eines Regimes in Frage, das es nicht schafft, ihnen saubere Luft zu garantieren. Laut einer neuen Studie trägt der Smog jedes Jahr zum verfrühten Tod von 1,6 Millionen Menschen im Land bei – durch Atemwegserkrankungen und Herzprobleme etwa. Lokale Oppositionsbewegungen wie in Chengdu gibt es an vielen Orten in China. Eine Dokumentation über den Tod durch verpestete Atemluft schauten im vergangenen Jahr mehr als 100 Millionen Menschen im Internet.
Zeitraffervideo : Smog-Wolke hüllt Peking ein
China will grüne Technologien entwickeln und verkaufen
Präsident Xi Jinping scheint es ernst zu sein mit seinem Gelöbnis, den Umweltschutz zur Priorität zu erheben. In der zweiten Jahreshälfte 2017 will China landesweit seinen Emissionshandel starten. Bis zum Jahr 2020 sollen Solarkraftwerke mit einer Kapazität von 150 Gigawatt installiert sein, dem dreifachen Wert von heute. Nirgendwo sonst in der Welt stehen mehr Windkraftanlagen. Allein schon aus wirtschaftlichen Gründen hat das Land ein Interesse am Siegeszug grüner Technologien: Die will es künftig selbst entwickeln, günstig herstellen und an andere Länder verkaufen.