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Einsatz in Syrien : Exportstopp für Waffen trifft Türkei kaum

Wafffen aus deutscher Produktion im Einsatz: Leopard-Panzer der Türkischen Armee an der syrischen Grenze Bild: dpa

Im Zuge der politischen Spannungen rücken die westlichen Ausrüster der türkischen Armee in den Fokus. Deutschland hatte schon 2018 kaum noch Rüstungsexporte in das Land genehmigt.

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          Die nach dem Einmarsch in Nordsyrien zunehmenden politischen Spannungen zwischen der Türkei und westlichen Ländern betreffen nicht nur Waffenlieferungen, sondern offenkundig auch wichtige Investitionsvorhaben. Im Fokus steht unter anderem das geplante neue VW-Werk in der Nähe der türkischen Metropole Izmir.

          Julia Löhr
          Wirtschaftskorrespondentin in Berlin.
          Christian Geinitz
          Wirtschaftskorrespondent in Berlin
          Christine Scharrenbroch
          Freie Autorin in der Wirtschaft.

          In der EU geht unterdessen die Diskussion weiter, ob wirtschaftlicher Druck den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan stoppen könnte. Die EU-Außenminister entschieden am Montag, vorerst kein allgemeines Waffenembargo gegen die Türkei zu verhängen. Der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte dagegen am Wochenende verkündet, keine weiteren Rüstungsexporte mehr in die Türkei zu genehmigen, die in Syrien eingesetzt werden könnten.

          Genehmigungen von Rüstungsexporten rückläufig

          Diese Entscheidung dürfte die Türkei allerdings wenig treffen, da Deutschland schon 2018 kaum noch Rüstungsexporte in das Land genehmigt hatte. Von den insgesamt erteilten Genehmigungen im Wert von 4,82 Milliarden Euro entfiel nur ein kleiner Teil, 12,9 Millionen Euro, auf das Nato-Partnerland Türkei. Anders sieht es bei den tatsächlichen Ausfuhren aus: Im Bereich der Kriegswaffen, einer Untergruppe der Rüstungsgüter, gingen im Jahr 2018 laut dem Rüstungs-Exportbericht Waren im Wert von 243 Millionen Euro aus Deutschland in die Türkei, fast ein Drittel des gesamten Volumens von 770 Millionen Euro – dabei handelt es sich wesentlich um Ersatzteile, aber kein neues Kriegsgerät.

          Rund drei Viertel der Rüstungsgüter, die das türkische Militär in Syrien einsetzt, stammen nach Angaben von Erdogan aus eigener Produktion. Ob es um Hubschrauber, bewaffnete Drohnen, gepanzerte Fahrzeuge, Haubitzen oder Raketen geht – das Sortiment inländischer Rüstungshersteller ist groß. Bis zum Jahr 2023, so lautet Erdogans Ziel, soll seine Armee ausschließlich von inländischen Waffenproduzenten beliefert werden. Spätestens dann sollen türkische Hersteller auch zu den zehn wichtigsten Rüstungsexporteuren der Welt gehören, die Streitkräfte in Pakistan oder in Teilen Afrikas beliefern.

          Rüstungspakt mit Nordamerika und Russland

          Um den Aufstieg der nationalen Waffenindustrie zu beschleunigen, baut Ankara die Kooperationen mit Rüstungsherstellern aus Nordamerika und Russland aus. Für Aufsehen sorgte unter anderem, dass die Türkei das Raketenabwehrsystem S-400 aus Russland bezieht. Um diese hochmoderne Waffentechnologie hatten sich die Türken seit dem Jahr 2012 bei westlichen Nato-Partnern vergeblich bemüht. Der amerikanische Präsident Donald Trump reagierte verstimmt. Er sorgte dafür, dass die türkische Luftwaffe bis auf weiteres auf den Einsatz hochmoderner Kampfjets des Typs F-35 verzichten muss.

          Das Rückgrat des türkischen Heeres bilden indes – neben amerikanischem Kriegsgerät – deutsche Panzer des Typs Leopard. Sie stammen aus ehemaligen Beständen der Bundeswehr. Zunächst wurden in den neunziger Jahren 300 Panzer des Typs Leopard 1 geliefert. Die zweite Tranche folgte 2005, 354 Panzer des moderneren Typs Leopard 2, den die deutschen Hersteller Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall gemeinsam produzieren. Mit der Modernisierung des Leopard 2 wollen die türkischen Militärs Rheinmetall schon seit Jahren beauftragen. Doch eine Exportgenehmigung des heiklen Projekts liegt weiter auf Eis, heißt es bei Rheinmetall.

          Projekt mit Rheinmetall liegt auf Eis

          Nicht zum Ziel kam Rheinmetall-Chef Armin Papperger auch mit seinem Plan, sich am Bau des türkischen Kampfpanzers Altay zu beteiligen, von dem rund 1000 Exemplare im Wert von 7 Milliarden Euro produziert werden sollten. Vor drei Jahren hatte sich der Düsseldorfer Militärausrüster zu diesem Zweck mit dem türkischen Fahrzeugbaukonzern BMC zusammengetan. Doch auch hier fehlen die Exportgenehmigungen. Inzwischen sei das Gemeinschaftsunternehmen in Ankara de facto aufgelöst, sagte ein Sprecher.

          Die Bundesregierung verfolgt ihre restriktive Linie gegenüber dem Land seit dem gescheiterten Militärputsch vor drei Jahren. Anders als im Fall Saudi-Arabien, wo nach dem Mord an dem saudischen Journalisten Jamal Khashoggi auch schon genehmigte Exporte gestoppt wurden, werden bestehende Lieferverträge mit der Türkei aber weiter erfüllt. Allein im ersten Quartal dieses Jahres lieferten deutsche Rüstungshersteller Gerät im Wert von 184 Millionen Euro in die Türkei, vor allem für die Seestreitkräfte. Aus dem Jahr 2009 stammt etwa die Genehmigung für sechs U-Boote von Thyssen-Krupp, im Jahr 2011 gab die Bundesregierung Exportgarantien über 2,5 Milliarden Euro für U-Boot-Ausrüstungen.

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