Kommentar : Risse durch Europa
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Flüchtlinge spalten die EU. Der Ratspräsident schlägt sich auf die Seite von Polen und Ungarn. Angela Merkel gefällt das nicht. Aber was will sie tun?
Donald Tusk kann für Brüsseler Verhältnisse überraschend deutlich sein. Der EU-Ratspräsident warnte vor dem Gipfel der Regierungschefs vor einer doppelten Spaltung der EU: „Wenn es um die Währungsunion geht, verläuft die Spaltung zwischen Norden und Süden. Wenn es um die Migration geht, verläuft sie zwischen Ost und West.“
Im Einladungsschreiben hatte Tusk als Organisator des Gipfels das von der EU beschlossene Quotensystem zur Verteilung von Flüchtlingen als „höchst spaltend“ und „unwirksam“ kritisiert. Weil er sich damit auf die Seite der mittelosteuropäischen Staaten Polen, Ungarn, Tschechien und Slowakei stellte, fiel die Reaktion der westeuropäischen Staatschefs schroff aus.
Eine selektive Solidarität könne es in der EU nicht geben, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Doch wie will Deutschland Migranten in Nachbarländer zwingen, die dort nicht hinwollen? Eine durch die Politik gesteuerte Verteilung von Flüchtlingen gelingt schon hierzulande mehr schlecht als recht. Übrigens verhallt Merkels Ruf nach Solidarität nicht nur in Osteuropa. Wie viele Flüchtlinge nimmt Frankreich auf, dessen Präsident viele auch in Deutschland als Heilsbringer Europas feiern?