Drei-Klassen-Medizin : Keine Tricks mit Privatpatienten
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Die Preisunterschiede zwischen Privatstation und Privatklinik sind gewaltig Bild: REUTERS
Privatpatient ist nicht gleich Privatpatient. Den feinen Unterschied merken manche aber erst bei der Abrechnung. Das kann teuer werden.
An die Zwei-Klassen-Medizin hat sich der deutsche Kassenpatient gewöhnt. Dass es auch eine Drei-Klassen-Medizin gibt, merken manche, die sich erstklassig behandelt glaubten, erst bei der Abrechnung: Privatpatienten, die sich im Krankenhaus auf der Privatstation wähnten, tatsächlich aber in einer Privatklinik waren.
Der feine Unterschied: Für die Behandlung auf der Privatstation eines normalen "Plankrankenhauses" gibt es nur Zuschläge (für Einzelzimmer und Chefarztbehandlung) auf den normalen Behandlungspreis. Das steht im Krankenhausentgeltgesetz. Ausdrücklich nicht regelt es die Preise in Privatkliniken - die anders als normale Krankenhäuser auch keine öffentlichen Investitionszuschüsse bekommen. Deren Preise machen Anbieter und Kunde untereinander aus. Aber das, so glaubt nach dem Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) nun auch die Mehrzahl der Gesundheitspolitiker, lädt Kliniken zu Tricksereien ein und soll deshalb nicht bleiben.
Kostenübernahme
Denn die Preisunterschiede zwischen Privatstation und Privatklinik sind gewaltig. Der Preis für das Einzelzimmer kann leicht das Doppelte betragen. Ein wenige Tage dauernder Aufenthalt kommt so schnell auf Zusatzkosten von einigen 1000 Euro. Zum Beispiel berechnete eine „Privatklinik" ihrem Privatpatienten für die "einfache Herzoperation" mit 9 Tagen Aufenthalt 3700 Euro mehr, als sie - bei gleicher Behandlung - auf der Privatstation des Plankrankenhauses hätte abrechnen dürfen. Für eine neue Herzklappe, Kostenpunkt: 43.300 Euro, betrug die Preisdifferenz schon mehr als 7000 Euro, wie aus Rechnungen hervorgeht. Zu allem Übel fallen auf Umsätze in der Privatklinik noch 19 Prozent Umsatzsteuer an.
Die Aufregung darüber wäre nicht groß, wenn manche Privatklinik ihre Räume nicht praktischerweise in unmittelbar Nähe oder vielleicht sogar im Gebäude der Planklinik unterhalten würde. Viele Patienten wollen das erst gemerkt haben, als ihre Privatversicherung sich weigerte, die in Rechnung gestellten Kosten zu zahlen, auch wenn sie dies im Behandlungsvertrag unterschrieben hatten. Privatpatient ist eben nicht gleich Privatpatient.
Das Recht auf freie Wahl
Der unter finanziellen Druck stehenden Privatversicherung kann das nicht gleich sein. Denn entweder muss sie ihren Kunden auffordern, den Zuzahlbetrag selbst zu tragen. Wenn sie sich, wie meist der Fall, vertraglich verpflichtet hat, die Zusatzkosten zu übernehmen, dann wird es für die Versicherung teuer. In Rede steht ein zweistelliger Millionenbetrag im Jahr. Oder die PKV müsste ihre Verträge ändern, wozu ihr die Krankenhauslobby rät, und den Kunden das Recht auf freie Wahl der Behandlung einschränken. Alle drei Optionen sind für die Assekuranz und ihre Kunden nicht schön.
Deshalb sind sie vor Gericht gezogen, haben am Ende aber einen Prozess gegen die Krankenhauskette Helios mit ihren 38 Privatkliniken vor dem Bundesgerichtshof verloren. Doch mit der Rechtssicherheit, über die sich der Geschäftsführer der Helios-Privatkliniken GmbH, Silvio Rahr, hernach freute, ist es nicht weit her.
Denn die Regierungskoalition in Berlin will die Grundlagen für ausgegründete Privatkliniken einschränken. Davon gebe es, nach neuer Zählung, inzwischen 104 (bei rund 2000 Krankenhäusern), teilte die parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, Annette Widmann-Mauz (CDU), dem grünen Abgeordneten Harald Terpe unlängst mit. Weiter schrieb sie, die Regierung beurteile es kritisch, wenn Plankrankenhäuser Privatkliniken ausgründeten und im Verbund die gleichen Leistungen anböten, nur zu höheren Entgelten. Das führe "grundsätzlich zu einem Anstieg der Ausgaben und damit womöglich auch von Beiträgen in der privaten Krankenversicherung".
Nach einem am Montag in der Koalition beschlossenen Vorschlag soll künftig eine Privatklinik, "die in unmittelbarer räumlicher Nähe zu einem Krankenhaus liegt und mit diesem organisatorisch verbunden ist, (...) keine höheren Entgelte verlangen dürfen, als das Krankenhausentgeltgesetz vorsieht".