Marketing im Netz : Warum erkennen Gründer nicht die Chance von Social Media?
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Mit dem Handy können Gründer eine Menge bewerkstelligen. Bild: AFP
Wer ein Unternehmen gründet, sollte vom ersten Tag an über Social Media auf sich aufmerksam machen und eine Marke aufbauen. Doch viele erkennen das nicht. Ein Gastbeitrag.
Gründer sollten gleich zu Beginn ihrem Unternehmen ein Gesicht geben. Das kann das Produkt sein, dessen Entwicklung dokumentiert wird auf Social Media, oder die einzelnen Schritte der eigenen unternehmerischen Reise. Der Vorteil ist, dass auf diese Weise eine Community heranwächst, die am Unternehmensfortschritt interessiert ist, eine enge Bindung zum Start-up hat und gleichzeitig die Zielgruppe darstellt. Für diese Form des Markenaufbaus ist zwar in erster Instanz kein Geld zu zahlen, dafür aber eigene Zeit und Muße zu investieren. Genau diese beiden Eigenschaften werden dringend gebraucht, um Social Media-Kanäle nachhaltig aufzubauen. Denn das Erstellen der Inhalte gehört ab Start zu den täglichen Aufgaben.
„Anfangs kam ich mir schon komisch dabei vor, das Handy herauszuholen und von der Situation ein Bild zu machen oder eine Instagram Story, doch man gewöhnt sich daran“, sagt Dennis Schneider, Jungunternehmer im Bereich Social Media Marketing. Der 24 Jahre alte Gründer startete im letzten Jahr sein eigenes Unternehmen und dokumentiert das seit Beginn über die sozialen Medien. Er zeigt seine morgendliche Routine, die Fahrten zu den Meetings und fängt Statements seiner Mitarbeiter oder Kunden ein. Über alle Kanäle schauen sich mehr als 6.000 Menschen seine Inhalte an, liken und kommentieren – abends antwortet er.
Der Trend kommt aus den Vereinigten Staaten, unter anderem Gary Vaynerchuck, laut Forbes der führende Social Media Business Influencer, predigt es immer wieder in seinen Videos, wie wichtig es ist, die eigene unternehmerische Reise im Internet zu präsentieren, unabhängig von der Branche oder der Nische, in der man sich aufhält. Gründer sollten die Marke ihres Unternehmens ab dem ersten Tag über Social Media transparent aufbauen. Denn so können sich erstens Menschen schon sehr früh mit dem Unternehmen identifizieren und zweitens steigt die Sichtbarkeit der Unternehmen deutlich an. Warum erkennen viele diese Chance nicht?
Nachholbedarf für viele etablierte Unternehmen
Die Ergebnisse der aktuellen PwC Markenstudie 2019 sprechen eine ganz klare Sprache: 89 Prozent der Unternehmen bescheinigen, dass Marken einen hohen Einfluss auf den Unternehmenserfolg haben und 72 Prozent den Einfluss der sozialen Medien auf den Markenwert als positiv einstufen. Damit wird die Dokumentation der Gründungsschritte zu einer unternehmensfördernden Maßnahme. Social Media muss zum Handwerkszeug gehören und so selbstverständlich werden im Tagesgeschäft wie Lesen und Schreiben. Der im Juni veröffentlichte Trust-Report von Edelmann Deutschland zeigt, dass für 83 Prozent der Kunden das Markenvertrauen genauso wichtig ist wie die Eigenschaften und der Nutzen der Produkte. Hingegen vertraut nur jeder Vierte in Deutschland einer Marke wirklich.
Da gibt es definitiv Nachholbedarf für viele etablierte Unternehmen. Für Jungunternehmer liegt genau darin eine riesige Chance. Sie können über Identifikation der Community mit dem Unternehmen Vertrauen aufbauen. Die eigene Community weiß was der Gründer geleistet hat, um dorthin zu gelangen, wo er jetzt steht. Authentizität und Transparenz sind elementare Eckpfeiler für dieses nachhaltige Vertrauen. Besonders, wenn auch gezeigt wird, wenn mal etwas schiefläuft. Gerade das macht doch sympathisch. Es gibt das Sprichwort: „Wo gehobelt wird, fallen Späne.“
Und so ist es doch im wahren Leben, egal ob Gründer oder erfahrener Unternehmer. Aufstehen, Schütteln und Weitermachen: Diese täglichen Mehrwerte, Erfolg wie auch Niederlage, lassen die Community zu Interessenten der kommenden Produkte werden. Gründer sorgen für die Impressionen, die in Käufen resultieren können. Und das ohne Kosten für Werbung, Online-Kampagnen oder Influencer investieren zu müssen. Es geht stattdessen um organische Reichweite, die sich Gründer selbst aufbauen.
Gründer können direkt und zu jedem beliebigen Zeitpunkt starten, und das macht den Reiz dieses Trends aus. Es ist allerdings ein Marathon, kein Sprint. Der Aufbau einer organischen Reichweite braucht Geduld. Es werden nicht wie bei einem Werbespot oder einer Radiowerbung binnen weniger Sekunden hunderttausende von Menschen erreicht. Stattdessen wird ein solides Fundament gebaut. Über einen solchen Markenaufbau sind Gründer näher am Menschen, lernen ihre Zielgruppe viel genauer kennen, verstehen die Probleme und erhalten direktes Feedback. Ein solcher Markenaufbau ist ein stabiles Fundament für sämtliche weitere Marketingmaßnahmen nach der Gründungsphase.
Torben Platzer ist Gründer, Unternehmer und „Branding“-Fachmann. Er lebt heute in München und ist Mitgründer der Medienagentur TPA Media GmbH.