Digitale Befreiung? Von wegen!
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Online – immer und überall: Selbst auf der Messe und beim Sport geht es für viele Menschen heutzutage nicht mehr ohne soziale Medien. Bild: dpa
Wenn sich alle mit möglichst vielen anderen freiwillig verbinden, dann wird alles besser, transparenter – und sogar demokratischer. Das war einmal die Verheißung. Stimmt so leider nicht. Ein Plädoyer für die Entnetzung.
Vernetzung schien noch vor wenigen Jahren ein zukunftsweisendes, ja emanzipatorisches Schlagwort zu sein. Kaum ein sozialer oder kultureller Bereich war sicher vor der Forderung, sich besser zu vernetzen. Klassische Unternehmen sollten sich in vernetzte Organisationen mit flachen Hierarchien verwandeln; politische Bewegungen verstanden sich als flexible Netzwerke; in der Kunst entstand die „relational art“, welche die Partizipation des Publikums zur ästhetischen Vernetzungspraktik machte.
Die frühen Netzdiskurse feierten digitale Vernetzung als Befreiung von vormals ausschließenden Strukturen: Demokratische Partizipation, so schien es, verhieß eine bessere und offenere Zukunft. Inzwischen werden aber die damit einhergehenden Zumutungen immer deutlicher sichtbar – es ist geradezu eine Erschöpfung des Netzwerkens festzustellen. Allgegenwärtige Vernetzung erweist sich als kräftezehrende Tätigkeit, die gleichzeitig ein immer engeres Netz der Kontrolle spannt. Die Idee der Vernetzung, so wundert sich, in einem desillusionierten Rückblick fürs „New York Magazine“, Kate Losse, eine der ersten Facebook-Mitarbeiterinnen, Redenschreiberin für Mark Zuckerberg und später feministische Kritikerin von Facebook, war ursprünglich ein hoffnungsvolles Ziel:
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