Vodafone kauft Unitymedia : Ein neuer Riese auf dem deutschen Telekom-Markt
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In Düsseldorf steht die Zentrale von Vodafone in Deutschland. Bild: dpa
Vodafone schafft durch die Übernahme von Unitymedia ein Kabelnetz, das ganz Deutschland abdeckt. Der britische Konzern verspricht mehr schnelles Internet – aber es gibt auch große Bedenken.
Vodafone greift die Deutsche Telekom in deren Heimatmarkt an. Die Briten kaufen dem amerikanischen Konzern Liberty Global den Kölner Netzbetreiber Unitymedia sowie weitere Netze in Osteuropa ab. Die Verhandlungen haben sich über Monate hingezogen und wurden erst am frühen Mittwochmorgen abgeschlossen.

Redakteur in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Vodafone schafft durch die Übernahmen ein einheitliches Kabelnetz, das alle 16 Bundesländern abdeckt: Unitymedia gehören Kabelnetze in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hessen. Vodafone wiederum kontrolliert über seine Münchner Tochtergesellschaft Kabel Deutschland bereits Kabelnetze in allen anderen Bundesländern.
Unitymedia und die weiteren kleineren Netze in Tschechien, Ungarn und Rumänien werden im Rahmen der Transaktion mit 18,4 Milliarden Euro bewertet. Vodafone bezahlt 10,8 Milliarden Euro in bar an Liberty Global und übernimmt zusätzlich 7,6 Milliarden Euro an bestehenden Schulden. Liberty beziffert den Unternehmenswert der verkauften Geschäfte nach amerikanischer Rechnungslegung mit 19 Milliarden Euro.
„Kartellrechtlich ein Skandal“
Vodafone kündigte an diesem Mittwoch an, nach der Übernahme den Ausbau des Hochgeschwindigkeits-Internets in Deutschland zu forcieren. „Für den Verbraucher bedeutet der Zusammenschluss erstmalig großflächig schnelle und bezahlbare Gigabit-Anschlüsse“, verspricht Hannes Ametsreiter, der Deutschland-Chef von Vodafone. Sein Unternehmen schaffe „eine echte bundesweite Alternative“ zur Deutschen Telekom. Vodafone werde dafür in Deutschland in den kommenden vier Jahren rund 12 Milliarden Euro investieren.
Auch im Rennen um die neue leistungsfähigere Mobilfunkgeneration 5G verbessert das Unternehmen seine Startposition in Deutschland. Vodafone ist einer der größten Mobilfunkanbieter der Welt. Deutschland ist der wichtigste Markt des Konzerns. Zusammen kommen Vodafone und Unitymedia in Deutschland im Geschäft mit Telefongesprächen, Internetzugängen und Kabelfernsehen rechnerisch auf fast 55 Millionen Kundenverbindungen und einen Gesamtumsatz von 13 Milliarden Euro.
Allerdings ist der Coup schon im Vorfeld auf heftige Kritik gestoßen. Gegner warnen vor einem Monopol. Vodafone kündigte an, dass die wettbewerbsrechtliche Prüfung der Übernahme in die Zuständigkeit der EU-Kommission und nicht des deutschen Bundeskartellamts fallen werde. Dies wäre wohl ein Vorteil für Vodafone, denn die Bonner Behörde hat in der Vergangenheit mehrfach Großübernahmen im deutschen Kabelmarkt untersagt.
Für Tim Höttges, den Vorstandschef des Vodafone-Erzrivalen Deutsche Telekom, ist der Fall schon jetzt klar: Eine Genehmigung wäre „kartellrechtlich ein Skandal“, wetterte er im Februar. Auch die deutschen Fernsehsender in Deutschland sind alarmiert: Wenn die Übernahmen durchgeht, sind sie bei der Übertragung ihrer Programme im Kabelfernsehen sehr viel stärker von Vodafone abhängig als bisher.
Schnelles Internet für 25 Millionen Haushalte
Fachleute erwarten denn auch, dass die Übernahme im Fernsehmarkt die größten wettbewerbsrechtlichen Fragen aufwerfen wird. Im Geschäft mit Hochgeschwindigkeits-Internetzugängen könnte Vodafone dagegen in Zukunft für mehr Wettbewerb sorgen, weil erstmals ein in ganz Deutschland vertretener potenter Konkurrent zur Telekom entsteht.
Vodafone kündigte nun dazu an, bis zum Jahr 2022 würden rund 25 Millionen deutsche Haushalte Zugang zu schnellen Gigabit-Internetzugängen erhalten. Der Deutschen Telekom wird dagegen vorgeworfen, das schnelle Internet zu langsam auszubauen. Kritiker warnen, Deutschland entstehe dadurch ein gravierender Standortnachteil bei einer Schlüssel-Infrastruktur der digitalen Wirtschaft.
Die Kabelnetze wurden in den achtziger und neunziger Jahren von der damaligen Deutschen Bundespost aufgebaut und waren ursprünglich lediglich für die Übertragung von Fernsehprogrammen gedacht. Die Telekom, welche das Kabel von der Bundespost übernommen hat, musste diese Netze auf Drängen der EU-Kommission nach der Jahrtausendwende verkaufen. Längst bieten aber die Kabelkonzerne über modernisierte Netze auch Hochgeschwindigkeits-Internetzugänge an – und die sind leistungsfähiger als die Kupferkabel der Telekom.
Zwar verspricht die Bundesregierung den Bürgern bis zum Jahr 2025 ein möglichst flächendeckendes Glasfasernetz, das dem Kabel technisch überlegen wäre. Aber ob den Telekom-Unternehmen dies wirklich gelingt, ist angesichts der für den Glasfaser-Ausbau notwendigen enormen Investitionen ungewiss. Der Bund ist mit einem Anteil von knapp einem Drittel noch immer Großaktionär der Telekom.