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Geld für Games : Streicht die Subventionen für Videospiele!

  • -Aktualisiert am

Besucher der Gamescom 2019 in Köln Bild: Marina Pepaj

Deutsche Spieleentwickler wollen Geld vom Staat, weil die Konkurrenz so übermächtig ist. Da könnte ja jeder kommen.

          3 Min.

          Gefördert wird hierzulande so einiges: die Landwirtschaft, die Windkraft, die Film- und Theaterbranche. Immer mehr Industriezweige wollen ein Stück vom Kuchen abhaben. Und weil die Videospiel-Branche so zukunftsträchtig zu sein verspricht, soll hier nach dem Willen ihrer Fürsprecher bald auch noch mehr Geld der Steuerzahler fließen. „Die Rahmenbedingungen zur Spiele-Entwicklung sind in Deutschland nicht konkurrenzfähig“, klagt Felix Falk, der Geschäftsführer des Verbandes Game. „Was es deshalb braucht, ist eine zeitnahe, langfristige und planbare Förderung der gesamten Branche.“ Denn nur wenn die ganze Bandbreite an Unternehmen in der Branche staatlich bezuschusst werde, könnten Fachkräfte und Knowhow nach Deutschland gelockt werden.

          Dabei konnten die Spieleentwickler im laufenden Jahr schon insgesamt 50 Millionen Euro Fördermittel abrufen. Im Haushaltsplan für 2020 ist jedoch bisher kein weiteres Geld vorgesehen. Dabei haben Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitalisierung, und Andreas Scheuer, Bundesminister für digitale Infrastruktur (beide CSU), die Förderung versprochen. Am 12. September wird sich zeigen, ob Bär und Scheuer Wort halten. Dann beraten die Haushaltspolitiker über das Budget des Bundesverkehrsministeriums.

          Aber warum eigentlich soll die Spielebranche Geld vom Staat bekommen? Dem Branchenverband fallen da einige Gründe ein. Allen voran die internationale Konkurrenz, hinter die deutsche Unternehmen ohne Fördergeld zurückzufallen drohten. Das zeigt sich daran, dass die erfolgreichsten Spiele wie „Final Fantasy“ im Ausland entwickelt werden. Oder kennt irgendjemand außer den Eingeweihten „Trüberbrook“? Die Macher dieses Abenteuerspiels, das in der Schwarzwaldidylle der fünfziger Jahre spielt, haben in diesem Jahr den Deutschen Computerspielpreis gewonnen. „Von 100 Euro, die in Deutschland für Games ausgegeben werden, bleiben gerade 4,30 Euro bei Unternehmen in Deutschland“, rechnet Falk vor. „Das ist ein deutliches Alarmsignal.“

          Die Kunden werden älter – und damit kaufkräftiger

          Außerdem zeige das Beispiel Frankreichs, dass sich die Förderung auszahle. In Frankreich, sagt Falk, führe jeder Förder-Euro zu 1,80 Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen. Zudem würden viele Arbeitsplätze im Inland geschaffen. Und drittens müsse man Neugründungen in der Branche fördern, weil das gut für die Digitalkompetenz der gesamten deutschen Wirtschaft sei.

          Das glaubt sogar Staatsministerin Bär. „Computerspiele vereinen Spaß und Innovationen und sind damit eine wichtige Triebfeder für die Digitalisierung“, sagt sie. Unterstützung bekommen Verband und Politikerin von einer aktuellen Studie des IW Köln. „Wir brauchen eine bessere Wettbewerbsfähigkeit“, sagt IW-Ökonomin Vera Demary. „Nur mit einer gezielten Finanzierungsförderung und den geeigneten Fachkräften haben deutsche Unternehmen eine Chance in diesem dynamischen Umfeld.“

          Es gibt aber auch Argumente, die gegen eine staatliche Förderung der Branche sprechen. Es sind die besseren. Erstens muss man sie nicht mehr päppeln, da sie auch so schon rasch wächst. Der Umsatz der Spieleentwickler betrug im vergangenen Jahr mehr als 4,7 Milliarden Euro, ein Plus von 5 Prozent. In den Jahren zuvor war die Branche jeweils zweistellig gewachsen. Im ersten Halbjahr 2019 ist der Umsatz mit Games, Konsolen und Zubehör auf 2,8 Milliarden Euro gestiegen, um stolze 11 Prozent. Auch für die Zukunft erwarten die Hersteller ein solides Wachstum, die Nachfrage ist da. 34 Millionen Deutsche spielen Videospiele. Ihr Durchschnittsalter ist inzwischen auf 36 Jahre gestiegen. Das verspricht ordentlich Kaufkraft.

          Ist „Fack ju Göthe“ ein förderwürdiges Kulturgut?

          Zweitens wandelt sich die Branche derzeit erheblich, sie erschließt erfindungsreich neue Einnahmequellen. Während man früher ein Spiel erwarb und dieses nach Installation ohne weitere Zukäufe komplett spielen konnte, werden heute immer neue Weiterentwicklungen veröffentlicht. Die In-Game-Käufe nehmen zu: Für eine bessere Ausstattung, das Aussehen ihrer Figuren oder die Freischaltung neuer Funktionen bezahlen die Spieler viel Geld. Schon etwa die Hälfte des Branchenumsatzes stammt aus diesen In-Game-Käufen. Im Schnitt geben Jugendliche 200 Euro im Jahr für solche Extras aus.

          Drittens ist die Einordnung von Videospielen als schützenswertes Kulturgut, die zur Rechtfertigung von Fördermitteln herangezogen wird, fragwürdig. Stehen Spiele wirklich in einer Reihe mit Literatur und Kunst? Oder geht es dabei nicht vielmehr ums schnöde Unterhaltungsgeschäft?

          Es stimmt ja: Die Spiele-Branche in Deutschland tut sich schwer mit der Konkurrenz. Aber es gibt keinen stichhaltigen Grund, Staatsgeld in eine beliebige Nischen-Branche zu stecken, die es aus eigenen Kräften nicht schafft, auf dem Markt Gewicht zu erlangen. Nicht einmal die angebliche Sorge um die Arbeitsplätze ändert etwas daran. Von den etwa 600 Unternehmen, die in Deutschland Spiele entwickeln, hat die große Mehrheit ohnehin nur eine Handvoll Mitarbeiter.Vielleicht sind die deutschen Spiele-Ideen nicht gut genug, vielleicht sind die Figuren nicht attraktiv genug. Es würde ohne sie keinen Mangel an Videospielen geben, ausländische Produktionen lassen sich meistens schnell übersetzen, schließlich geht es darin oft um Phantasiewelten mit Phantasiesprache.

          Es wäre allerdings nur konsequent, zusammen mit der Staatshilfe für die Spielefirmen auch die Förderung der Filmbranche schleunigst auslaufen zu lassen. Oder ist es tatsächlich ein förderwürdiges Kulturgut, wenn etwa in „Fack ju Göthe“ ein paar halbwegs lustige Schauspieler einen Klamauk mit sehr weit hergeholtem Bezug zu Johann Wolfgang von Goethe auf die Leinwand bringen? Dann allerdings ist „Trüberbrook“ es auch.

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