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Aus wenigen Daten lernen
Die jüngsten Erfolge in der Künstlichen Intelligenz (KI) sind beeindruckend wie folgenreich: Unternehmen und Staaten rund um den Globus investieren Milliardenbeträge, um in dieser Konkurrenz zu bestehen – mit wirtschaftlichen, politischen, militärischen und gesellschaftlichen Folgen. Dabei besteht ein essentielles Erfolgsrezept bislang darin, den Mitteleinsatz ständig zu erhöhen. Mehr Rechenleistung, mehr Mitarbeiter, mehr Daten. Computer lernten und lernen anhand gewaltiger Beispielmengen, Objekte zu erkennen, Wörter und Sätze von einer Sprache in eine andere zu übersetzen oder Fragen sinnvoll zu beantworten. Künstliche neuronale Netze funktionieren so ergiebig, weil sie umfangreich trainiert werden können. Ein in vielerlei Hinsicht spannendes Forschungsfeld innerhalb der KI versucht nun Methoden zu entwickeln, um auch mit weniger Daten auszukommen, sozusagen mit „Small Data“ anstatt mit Big Data. Es verbirgt sich hinter dem Begriff Few-Shot Learning, was frei übersetzt bedeutet, aus wenigen Beispielen zu lernen. In Deutschland arbeitet etwa der Tübinger KI-Wissenschaftler Matthias Bethge auf diesem Gebiet. Fortschritte hier ermöglichen, die Fähigkeiten von Computern weiter an die des immer wieder als Referenz herangezogenen menschlichen Gehirns anzunähern. Denn Menschen lernen häufig nicht aus vielen Beispielen, kleine Kinder brauchen nicht Zigtausende Bilder von Tigern oder Elefanten zu betrachten, um selbständig auf anderen Abbildungen oder im Zoo zu erkennen, was ein Elefant ist und was ein Tiger. Aber nicht nur deshalb ist das Feld spannend. In der Realität existieren schlicht nicht in allen erwünschten Fällen so viele Trainingsdaten wie etwa über das Kaufverhalten oder Suchverhalten im Internet. Kommerzielle KI-Durchbrüche werden in vielen Industrien davon abhängen, dass Programme auch auf Basis von weniger Lernbeispielen ähnlich kompetent werden wie Menschen. ALEXANDER ARMBRUSTER
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