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Priscilla Chan : Wohltaten mit Facebook-Milliarden

Priscilla Chan bei der Konferenz „South by Southwest“ Bild: Reuters

Priscilla Chan spricht in Austin bei der „South by Southwest“-Konferenz mit Leidenschaft über die von ihr und ihrem Mann Mark Zuckerberg gegründete karitative Organisation. Aber bei heiklen Fragen wird sie einsilbig.

          3 Min.

          Priscilla Chan wird schnell emotional. Als sie auf der Bühne der Digitalkonferenz „South by Southwest“ im texanischen Austin aus ihrem Leben und von der Arbeit ihrer wohltätigen Organisation spricht, tut sie das zwar sehr resolut, aber ihr kommen auch wiederholt die Tränen. Zum Beispiel als sie erzählt, wie viel ihr, der Tochter chinesischer Eltern, die einst aus dem Vietnam nach Amerika geflohen waren, geholfen wurde, damit sie als erste in ihrer Familie studieren konnte, und das auch noch an der Eliteuniversität Harvard. Oder als sie sich erinnert, wie sie in ihrer Studienzeit einmal ein tagelang vermisstes Mädchen wiederfand und feststellte, dass deren Vorderzähne gebrochen waren. Oder als sie über eine Frau spricht, die wegen kleinerer Fehltritte wiederholt unverhältnismäßig lange ins Gefängnis musste und dabei das Sorgerecht für ihre Kinder verlor. Einmal holt Chan sogar ein Taschentuch hervor und wischt sich Tränen ab. Es ist ein auffälliger Gegensatz zu der emotionsarmen und roboterhaften Art, die ihr Mann, Facebook-Vorstandsvorsitzender Mark Zuckerberg, bei öffentlichen Auftritten oft ausstrahlt. Chan gibt freimütig zu, dass sie nahe am Wasser gebaut ist: „Ich bin jemand, der viel weint,“ sagte sie unlängst zur amerikanischen Online-Publikation „Quartz“. Angeblich sind in allen Besprechungszimmern ihrer Organisation Taschentücher, nur für den Fall, dass sie welche braucht.

          Roland Lindner
          Wirtschaftskorrespondent in New York.

          Dafür, dass Chan mit einem der reichsten, berühmtesten und auch umstrittensten Unternehmer Amerikas verheiratet ist, hat sie es lange verstanden, sich weitgehend aus der Öffentlichkeit fernzuhalten. In jüngster Zeit wagt sie sich aber doch verstärkt ins Rampenlicht, so wie nun auch in Austin. Das hat gewiss mit der „Chan Zuckerberg Initiative“ (CZI) zu tun, der karitativen Einrichtung, die das Ehepaar 2015 ins Leben gerufen hat. Die beiden verbanden das damals mit dem spektakulären Versprechen, im Laufe ihres Lebens 99 Prozent der von ihnen gehaltenen Aktien an ihre wohltätige Organisation fließen zu lassen. Und für dieses Engagement haben sie seither kühne Ziele ausgegeben. Sie haben sich zum Beispiel vorgenommen, bis zum Ende des Jahrhunderts alle Krankheiten zu besiegen, und geben Geld für entsprechende Forschungsprojekte aus. Sie setzen sich auch für eine Reform der Einwanderungspolitik und des Gefängniswesens ein und unterstützen Initiativen, die Menschen erschwinglichen Wohnraum verschaffen. Anders als die karitative Organisation von Microsoft-Mitgründer Bill Gates und seiner Frau Melinda ist CZI eine „Limited Liability Company“, eine amerikanische Variante der deutschen GmbH. Dies Organisationsform macht es einfacher, politische Lobbyarbeit zu betreiben und in gewinnorientierte Unternehmen zu investieren.

          Mittlerweile ein Vollzeitberuf

          Chan und Zuckerberg haben in der Organisation beide den Titel „Mitgründer“. Aber da Zuckerberg anders als Bill Gates, der sich längst aus dem operativen Geschäft von Microsoft zurückgezogen hat, seine Hauptaufgabe noch immer bei Facebook hat, wird das Tagesgeschäft weitgehend von Chan geführt. Dies ist mittlerweile ihr Vollzeitberuf. Wie sie in Austin erklärt, ist die Arbeit ihrer Organisation sehr technologiegesteuert, und zu den Mitarbeitern zählen viele Softwareentwickler. Sie nennt als Beispiel eine von ihr unterstützte Initiative, die Gefängnisinsassen das Programmieren beibringt. Während sonst in Amerika fast 80 Prozent aller Inhaftierten irgendwann nach ihrer Entlassung wieder im Gefängnis landeten, liege diese Quote bei Teilnehmern an diesem Projekt bei null Prozent. Chan sagt, sie sehe ihre Organisation als Partner von Regierungen und Behörden, deren Arbeit sie insbesondere mit ihrer Technologieexpertise unterstützen könne.

          Worüber Chan in Austin nicht gerne sprechen will, ist Facebook. Auf die Frage, was sie Skeptikern antwortet, die in der wohltätigen Arbeit einen Versuch sehen, von den gegenwärtigen Negativschlagzeilen um das Unternehmen ihres Mannes abzulenken, sagt sie nur knapp: „CZI und Facebook sind zwei völlig verschiedene Organisationen. Wir sind nicht die Facebook-Stiftung.“ Und wenn es nur darum ginge, sich in der Öffentlichkeit in ein positives Licht zu rücken, gäbe es dafür viel einfachere Wege.

          Chan wuchs in einem Vorort von Boston auf, ihre erste Sprache war aber Chinesisch. Sie war eine glänzende Schülerin, und über ein Stipendium schaffte sie es nach Harvard, wo sie einen Abschluss in Biologie machte. Danach war zunächst eine Zeit lang Lehrerin, bevor sie ein Medizinstudium in San Francisco und als Kinderärztin arbeitete. 2016 verknüpfte sie ihre beiden bisherigen Berufsgebiete miteinander, als sie im Silicon Valley „The Primary School“ gründete. Das ist eine Schule, die auch Gesundheitsleistungen anbietet und die sich vor allem an Kinder aus einkommensschwachen Familien richtet. Dieses Projekt wird heute auch von CZI unterstützt.

          Ihren heutigen Mann hat Chan auf einer Party in Harvard kennengelernt, als die beiden in einer Schlange vor der Toilette warteten. Das Paar hat 2012 geheiratet und hat heute zwei Kinder. Für seine wohltätige Arbeit hat es viel Geld zur Verfügung. Der Kurs der Facebook-Aktie hat zwar im Zuge diverser Affären an Wert verloren, aber Zuckerbergs Vermögen wird von der Zeitschrift „Forbes“ noch immer auf mehr als 63 Milliarden Dollar beziffert. In Amerika werden im Moment verstärkt Forderungen nach einer Reichensteuer erhoben, und danach wird auch Chan bei ihrem Auftritt gefragt. „Für Menschen, die sich das leisten können, ist es keine schlechte Sache, höhere Steuern zu bezahlen,“ sagt sie. Aber auch dieses Thema will sie lieber schnell abhaken. „Ich bin wirklich keine Politikerin.“

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