Globale Bilanz für 2022 : Die Musikindustrie bleibt auf Wachstumskurs
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Taylor Swift war im vergangenen Jahr laut IFPI die erfolgreichste Interpretin weltweit - bemessen an den Umsätzen mit ihren Aufnahmen. Bild: AP
Der globale Markt für Musikaufnahmen ist das achte Jahr in Folge gewachsen. Das Plus fällt erwartungsgemäß aber geringer aus als 2021. China ist nun schon der fünftgrößte Markt – gleich hinter Deutschland.
Das Plus fällt nicht so stark aus wie noch 2021, doch auch ohne den Sondereffekt Corona und angesichts der im Zuge des Krieges allgegenwärtigen Preissteigerungen ist der globale Markt für Musikaufnahmen im vergangenen Jahr stabil gewachsen.
Ein Gesamtumsatz in Höhe von 26,2 Milliarden Dollar bedeutet einen Zuwachs von 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie der Dachverband der Labelseite, die „International Federation of the Phonographic Industry“ (IFPI), am Dienstag in London mitteilte. 2021 war die Branche noch um 18,5 Prozent gewachsen. Das diesjährige Plus liegt in etwa auf dem vor der Pandemie im Jahr 2019 erfassten Niveau (8,2 Prozent). Die Zahlen sind nicht inflationsbereinigt, der Verband passt aber jedes Jahr die vorangegangenen Werte an die aktuellen Wechselkurse im Verhältnis zum Dollar an, sodass die Daten der zurückliegenden Jahre verglichen mit den vorangegangenen IFPI-Berichten teils variieren. So wurde der Gesamtumsatz 2021 im Bericht aus dem Frühjahr 2022 mit 25,9 Milliarden Dollar angegeben.
Als mit Abstand wichtigster Einzelposten steuerte das Streaming 17,5 Milliarden Dollar zum Umsatz bei. Der Anteil werbefinanzierter Angebote und von Abo-Modellen liegt den Daten zufolge nunmehr bei 67 Prozent nach 65,5 Prozent im Jahr 2021. Zum Vergleich: Auf dem deutschen Markt für Musikaufnahmen waren es zuletzt 73,3 Prozent. Das Plus blieb mit 11,5 Prozent wie erwartet hinter den mehr als 20 Prozent Zuwachs aus 2021 zurück. 12,7 Milliarden Dollar trug alleine das Abogeschäft bei (plus 10,3 Prozent). Die Zahl der für Dienste wie Spotify, Apple, Amazon, Youtube Music und andere zahlenden Nutzer lag laut dem Verband zum Ende des vergangenen Jahres bei 589 Millionen. Im Vorjahr waren es 523 Millionen gewesen. Hier werden freilich auch alle Nutzer von Kombi-Angeboten wie Familienabos gesondert mitgezählt.
Alle 62 Märkte wachsen
Alle Dienste schütten rund zwei Drittel ihrer Einnahmen an die Rechteinhaber aufseiten der Musikindustrie aus. Grob geschätzt knapp 80 Prozent landet bei der Aufnahme, also bei den Labels. Der übrige Teil geht an die Rechteinhaber der zugrundeliegenden Texte und Kompositionen, vertreten durch Verwertungsgesellschaften und Verlage. Diese Einnahmen sind in der IFPI-Statistik nicht enthalten. Wie viel letztlich bei Interpreten und Songwritern ankommt, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab – nicht zuletzt von den individuellen Verträgen mit Labels, Verlagen oder Vertrieben. Die große Bedeutung des Streamings unterstreicht zum Beispiel ein Blick auf die Jahresbilanz des weltgrößten Musikunternehmens Universal Music. 5,3 Milliarden Euro des Gesamtumsatzes in Höhe von 10,3 Milliarden Euro stammten 2022 aus diesem Bereich, der Streaming-Beitrag des Verlagsgeschäft nicht hinzugerechnet.
Zulegen konnte das zweite Jahr in Folge auch der Umsatz mit physischen Tonträgern wie Vinyl und CD. Das Plus fällt mit 4 Prozent allerdings deutlich niedriger aus als jenes im Streaming. Auch hier zeigt sich das Abflauen der Pandemie-bedingten Sonderkonjunktur, besonders bei Vinyl. 49,8 Prozent der Umsätze stammen dem Bericht zufolge aus Asien. Nicht zuletzt auf dem weltweit zweitgrößten Markt für Musikaufnahmen, Japan, verkauft sich auch die CD weiter gut. Das Plus rührt jedoch primär aus dem anhaltenden Wachstum im Bereich Vinyl (plus 17,1 Prozent). Die Einnahmen aus der Wahrnehmung von Aufführungsrechten stiegen um 8,6 Prozent, während jene aus der Nutzung von Aufnahmen in Filmen, Werbung oder Videospielen mit 22,3 Prozent das stärkste Wachstum verzeichneten.
Deutschland weltweit auf Platz vier
Gerade in westlichen Märkten mit höherem Preisniveau, die aber nicht mehr so stark wachsen wie andere mit im Vergleich niedrigeren Preisen, dürften die Rufe nach weiteren Preiserhöhungen der Streamingdienste lauter werden. Auch auf der Vorstellung des Berichts wurde das Thema angerissen. So sind zwar abermals alle 62 betrachteten Märkte gewachsen. Die Zuwachsraten jedoch unterscheiden sich mitunter deutlich: Legten die Regionen Lateinamerika und Afrika südlich der Sahara um 25,9 Prozent respektive 34,7 Prozent zu, fiel das Plus in Nordamerika und Europa mit 5 beziehungsweise 7,5 Prozent deutlich geringer aus.
Auch der weltgrößte Markt für Musikaufnahmen, die USA, wuchs nur um 4,8 Prozent, wohingegen beispielsweise Brasilien (plus 15,4 Prozent), Südafrika (plus 31,4 Prozent) oder auch China (28,4 Prozent) deutlich stärker zulegten. China überholte so auch Frankreich als fünftgrößten Markt und folgt nun direkt hinter Deutschland. Die Top drei bilden unverändert die USA, Japan und Großbritannien. Alleine Kanada und die USA stehen als umsatzstärkste Region vor Europa für 41,6 Prozent des Marktes. Brasilien verdrängte derweil Italien aus der Liste der 10 größten Märkte und rangiert nun vor Australien auf Platz 9.
Für Deutschland weist der IFP-Bericht ein Plus von 2,2 Prozent aus – deutlich weniger als die vom Bundesverband Musikindustrie (BVMI) Ende Februar vermeldeten 6,1 Prozent. Hintergrund sind laut BVMI unterschiedliche Berechnungsmethoden. So arbeitet man in Deutschland etwa mit dem Handelsumsatz, während der Dachverband das Einkommen der Musikindustrie heranzieht.