Musikindustrie : Universal, Tidal und die Suche nach einem neuen Streaming-Modell
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Eine von vielen Superstars: Auch Billie Eilish (hier zu sehen im April 2022) arbeitet mit Universal Music zusammen. Bild: AP
Universal Music und Streamingdienst Tidal wollen ein „Künstler- und Fan-freundlicheres Modell“ zur Abrechnung im Streaming entwickeln. Änderungsideen gibt es längst viele.
Der weltgrößte Musikkonzern, Universal Music, tut sich mit dem Streamingdienst Tidal zusammen, um gemeinsam wie es in einer Mitteilung heißt, „ein Künstler- und Fan-freundlicheres Streaming-Modell“ zu entwickeln. Ziel sei es, zu untersuchen, wie verschiedene ökonomische Modelle, Abonnenten-Wachstum fördern, die Nutzerbindung stärken und mehr Nutzen aus der Fan-Künstler-Verbindung generieren können. Die Bekanntgabe erfolgt wenige Wochen nachdem Universal-Chef Lucian Grainge in einem Memo an seine Mitarbeiter angeführt hatte, warum es aus seiner Sicht ein neues Abrechnungsmodell braucht.
In dem Schreiben, das wie immer schnell auf diversen Branchenseiten nachzulesen war, prangerte er einmal mehr die Schwemme an aus seiner Sicht zu vielen, qualitativ oft schlechten neuen Tracks auf den Streamingdiensten an. Tag für Tag sollen auf diesen mittlerweile 100.000 hochgeladen werden.
Auch beklagte er, dass die Dienste Künstler, wie wohl Stars, die mit Universal zusammenarbeiten, mit einer „großen und passionierten“ Fanschar nutzten, um Verbraucher zum Abschluss eines Abos zu bringen, die Algorithmen sie im Anschluss aber oft zu Inhalten navigierten, die einen „nennenswerten künstlerischen Anspruch“ vermissen ließen, dafür aber die Dienste weniger Lizenzgebühren kosteten und teils sogar von ihnen selbst in Auftrag gegeben worden seien. Zudem gebe es „abertausende“ exakt 31 Sekunden lange Schnipsel, die nur hochgeladen würden, um das System auszunutzen.
Heute sei klar, die „wichtige Unterscheidung in unserer Industrie“ sei die zwischen denen, die sich dem Aufbau von Künstlern verschrieben gegenüber jenen die „Quantität über Qualität“ stellten, ließ sich Grainge auch in der Mitteilung über die Beteiligung an PIAS vielsagend zitieren.
Warum arbeitet Universal mit Tidal?
Im gegenwärtigen System, Pro-Rata genannt, fließt ein Stream ab dieser Grenze in die Berechnung ein. Pro Rata nutzen alle großen Dienste. Abgerechnet wird in fixen Zeiträumen für jeden Markt einzeln, indem die Einnahmen in einen Topf fließen und dann nach Marktanteil unter allen verfügbaren Songs bemessen an deren Abrufzahl ausgeschüttet werden. Dass Universal nun für die Entwicklung eines neuen Systems mit Tidal zusammenarbeitet, ergibt durchaus Sinn.
Der einst von Rap-Star Jay-Z übernommene Dienst gehört heute zu Block, dem Finanzdienst von Twitter-Gründer Jack Dorsey. Zur Zahl der Abonnenten gab es lange kein Update, aber die Zahlen von Block legen nahe, dass der Tidal-Umsatz sich im Quartal im mittleren zweistelligen Millionenbereich bewegt. Weit weg von Spotifys Milliarden und auch Deezer, der kleinere französische Dienst mit 9,4 Millionen Abonnenten, meldete zuletzt mehr Umsatz. Spotify kommt aktuell auf 205 Millionen Abos.
Doch hat Tidal neben dem 9,99 Euro-Abo in HiFi-Qualität auch ein „HiFi Plus“ genanntes für 19,99 Euro im Angebot. Bis zu 10 Prozent der 19,99 Euro sollen jeden Monat direkt an den meistgestreamten Künstler des jeweiligen Nutzers gehen. Damit wolle Tidal „Superfans“ ansprechen, also Hörer, die Musik in der bestmöglichen Qualität streamen wollten und denen viel daran gelegen sei, ihre Lieblingskünstler zu unterstützen, wie der damalige Tidal-COO Lior Tibon im April 2022 im Gespräch mit der F.A.Z erklärte.