
Nicht gut für Deutschland : Löscht die Digitalsteuer
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Silhouetten vor einem Google-Logo Bild: Reuters
Mit einer Digitalsteuer wollen Europas Finanzminister Geld von Google und den anderen Internetkonzernen einstreichen. Für Deutschland ist das gefährlich.
Für europäische Finanzminister muss es schmerzhaft sein: Da machen Google, Facebook und ihre Kollegen Milliardengewinne mit deutschen Kunden, und die europäischen Regierungen bekommen von diesen unermesslichen Reichtümern nur ein paar kümmerliche Millionen. Also schimpfen die Minister über die Digitalkonzerne und deren Steuerverschiebung, sie gründen internationale Arbeitskreise, denken sich neue Steuerregeln aus und schicken Betriebsprüfer in die Konzerne – nur um festzustellen, dass sie jetzt immer noch nicht viel mehr Geld bekommen. Schon denken sie sich eine neue Digitalsteuer aus, damit für sie auch ein paar Milliarden Euro abfallen.
Dabei ist es kein Wunder, dass die Europäer leer ausgehen. Seit Jahren dürfen im internationalen Steuersystem vor allem jene Staaten Geld von Konzernen verlangen, in denen die Unternehmen ihre Werte schaffen – also die Länder, in denen die Designs entwickelt und die Produkte gefertigt werden. Deutschlands Autos werden oft teuer im Ausland verkauft, trotzdem bekommt der deutsche Fiskus den weitaus größten Teil der Steuern von VW, Daimler und BMW.
Kein Wunder, dass Europa wenig Steuern von Facebook bekommt
Umgekehrt könnten alle Steuerschlupflöcher der Welt geschlossen werden, es ändert nichts daran: Google entwickelt seine Intelligenz vor allem in Kalifornien, Apple importiert nach Europa fertige iPhones, Facebook schreibt in Deutschland praktisch keine Algorithmen. Alles, was den Wert dieser Konzerne ausmacht, stammt aus anderen Ländern. Europa hat wenig zu erwarten.
Ja, die Unternehmen nutzen manches Schlupfloch, um Gewinne in Steueroasen zu verschieben und etwas Steuern zu sparen. Wie viel das ausmacht, ist aber bis heute umstritten. Die plakativen Schätzungen der EU-Kommission sind jedenfalls deutlich zu hoch, wie Ifo-Präsident Clemens Fuest jüngst festgestellt hat.
Sicher ist: Dass Digitalkonzerne keine höheren Steuern zahlen, liegt auch daran, dass die Vereinigten Staaten dies zulassen. Erst ermöglichten sie, dass amerikanische Unternehmen ihre immateriellen Werte in Steueroasen verschoben, ohne dass Amerika eine angemessene Gegenleistung bekam. Dann besteuerten sie die Auslandsgewinne ihrer Konzerne jahrelang überhaupt nicht – ein knallhartes Stück Industriepolitik, das den Unternehmen die internationale Expansion erleichtern sollte. Erst Donald Trump schaffte diese Regel ab, senkte im Gegenzug aber großzügig die Unternehmenssteuern. Bis heute sind es immer wieder amerikanische Regierungen, die das Steuerkartell der anderen Staaten unterlaufen, um ihre eigenen Unternehmen zu stärken.
Die Digitalsteuer ist für Länder, die sich aufgegeben haben
Diese Woche hat gezeigt, dass auch die Fachleute im Finanzministerium diese Erkenntnisse immer weiter in die Köpfe ihrer Vorgesetzten bekommen. Selbst Olaf Scholz wird in Sachen Digitalsteuer zögerlich. Immerhin hat Deutschland einiges zu verlieren. Eine Digitalsteuer wäre der erste Schritt hin zu einem neuen Steuersystem, das nicht mehr auf der Schaffung von Waren und Dienstleistungen beruht, sondern auf deren Konsum. Bald könnten auch China oder Amerika Unternehmen besteuern, die ihre Dienste dorthin exportieren. Für ein Exportland wie Deutschland wäre das ein schlechtes Geschäft.
Schlimmer noch: Die ganze Idee der Unternehmensbesteuerung würde sich ändern. Heute bekommen Staaten viel Geld, wenn ihre Unternehmen innovative und beliebte Produkte entwickeln. Im neuen System würden die Staaten nicht mehr von der Produktentwicklung profitieren – sondern davon, dass ihre Bürger möglichst viel konsumieren. Das ist ein Modell für Länder, die sich jetzt schon aufgegeben haben und nicht mehr an Erfolg in der digitalen Welt glauben.
Besser ist es, Europas Digitalwirtschaft zukunftsfähiger zu machen. Dann gibt es auch hierzulande erfolgreiche Digitalunternehmen, die Steuern einbringen. Der Weg dorthin beginnt damit, dass man digitale Leistungen als etwas Erstrebenswertes verkauft. Und nicht als etwas Bösartiges, das sofort zu besteuern ist.