Absatz von Smartphones : Handybesitzer zögern Neukauf immer länger hinaus
- -Aktualisiert am
Der Markt für Smartphone-Hersteller wie Apple, Huawei und Samsung kannte lange nur eine Richtung: nach oben. Diese Ära ist jetzt vorbei. Bild: Reuters
Umweltschützer freut es, die Hersteller sind frustriert: Handybesitzer warten immer länger, bis sie sich ein neues Gerät kaufen. Die Top-Marken müssen ein Minus von fast 4 Prozent verkraften – 5G soll das ändern.
Der Markt für Smartphones kannte lange nur eine Richtung: nach oben. In der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts erlebte die Branche einen regelrechten Boom. 2010, kurz nach dem Start von Apples iPhone, wurden auf der ganzen Welt gut 300 Millionen Smartphones verkauft, 2011 waren es 500 Millionen, 2012 mehr als 700 Millionen, und 2013 knackten die Hersteller die Marke von einer Milliarde Stück. Diese paradiesische Ära ist vorbei. Seit einiger Zeit stagnieren die Verkäufe. Und nun geht es so kräftig nach unten wie nie zuvor.
Das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Gartner prognostiziert für 2019 die bislang schlechteste Absatzentwicklung für die Mobilgeräte überhaupt. Demnach dürften in diesem Jahr 1,75 Milliarden Mobiltelefone verkauft werden. Rund 90 Prozent davon sind Smartphones, der Rest preisgünstige sogenannte Feature-Phones, die vor allem in Entwicklungsländern ihre Kundschaft finden. Damit muss die Branche rund um die Top-3-Hersteller Samsung, Huawei und Apple ein Minus von fast 4 Prozent verkraften. 2018 setzte sie noch 1,81 Milliarden Geräte ab. Insgesamt sei der Markt seit den Höchstständen um das Jahr 2015 herum um rund 10 Prozent geschrumpft, rechnet Gartner-Direktor Ranjit Atwal vor. Damals glaubte man noch, bald die Marke von zwei Milliarden Geräten zu knacken. Dazu kam es nie.
Ähnliche Zahlen kommen vom Gartner-Konkurrenten IDC. Die Amerikaner rechnen für das laufende Jahr gar mit einem Marktminus von mehr als 5 Prozent. Für die kommenden Jahre erwarten beide Analysehäuser ein gleichbleibendes oder geringfügig sinkendes Geschäft. Bis 2021 beziehungsweise 2023 dürfte der Absatz demnach bei rund 1,75 Milliarden Geräten stagnieren.
Smartphones sehen mittlerweile alle gleich aus
Die Gründe für das Ende des Booms sind vielfältig. „Wenn Mobiltelefone keinen spürbaren neuen Nutzwert, keine neue Effizienz oder Erfahrung bieten, werden die Benutzer nicht upgraden, und somit wird sich die Nutzungsdauer der Geräte erhöhen“, sagt Gartner-Mann Atwal. Er spricht damit einen Verdacht an, den Beobachter anlässlich der Vorstellung neuer Spitzengeräte immer häufiger äußern: Smartphones sehen inzwischen sehr ähnlich aus, und die technischen Neuerungen von einer Modellversion zur nächsten halten sich in Grenzen.
Was Umweltschützer freut, ärgert tendenziell Hersteller wie Apple. Handybesitzer brauchen immer länger, bis sie ihr Gerät wechseln. Gartner hat festgestellt: Seit 2018 gibt es die Tendenz, dass Nutzer mit immer älteren Smartphones surfen und telefonieren. Vor allem im teuren High-End-Bereich – wo Kunden für ein Gerät schon mal vierstellige Beträge auf den Tisch legen – nimmt die Lebensspanne der Smartphones zu. Bis 2023 soll sie auf durchschnittlich 2,9 Jahre wachsen, derzeit sind es rund 2,6 Jahre. IDC verweist daneben auf regionale Unterschiede. Während viele Entwicklungsländer noch ein Marktwachstum aufweisen, sieht die Lage in Industrienationen enttäuschend aus.
Derweil setzt die Industrie ihre Hoffnungen auf den neuen schnellen Mobilfunkstandard 5G. Um die Segnungen dieser Technologie nutzen zu können, braucht es neue Geräte. Anbieter wie Samsung oder Huawei haben schon 5G-Handys auf den Markt gebracht. Die aber sind noch überproportional teuer. Deshalb könnte es durchaus sein, dass viele Verbraucher lieber erst mal abwarten. Viele Konsumenten säßen 2019 wohl einfach aus und warteten auf 2020 oder 2021, bis sie sich ein neues Smartphone anschaffen, glaubt IDC-Manager Anthony Scarsella. Umso wichtiger, dass die Produzenten schnell mit „bezahlbaren“ Produkten auf den Markt kommen. Das dürfte auch rasch der Fall sein, erwarten die Fachleute. Sobald der 5G-Ausbau voranschreite, sänken die Handypreise, so ihre Prognose. 2023 sollen Gartner zufolge 5G-Geräte schon mehr als die Hälfte des Geschäfts auf sich vereinen.