F.A.Z. exklusiv : Fortnite-Entwickler zieht gegen Apple vor die EU-Kommission
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Fortnite ist rund um die Welt beliebt. Bild: EPA
Fast ein halbes Jahr geht der Streit zwischen Epic Games und Apple um die Gebühren des App-Stores schon. Nun klagt der Videospielentwickler auch in Europa – und Apple nimmt den Fehdehandschuh auf.
Einen Streit mit Apple und Google anzuzetteln heißt, sich mit den ganz Großen anzulegen. Doch das hält das amerikanische Videospielunternehmen Epic Games – Macher des populären Spiels „Fortnite“ – nicht davon ab, im Streit um App-Store-Gebühren der beiden großen Konzerne immer neue Fronten zu eröffnen. Epic reichte nun bei der Europäischen Kommission eine Kartellbeschwerde gegen Apple ein, wie das Unternehmen der F.A.Z. mitteilte.
„Hier geht es um die Zukunft mobiler Plattformen“, sagte Epic-Chef Tim Sweeney der Mitteilung zufolge. „Wir werden nicht untätig zusehen, wie Apple seine Plattformdominanz ausnutzt, um zu bestimmen, wie einheitliche Wettbewerbsbedingungen im digitalen Raum auszusehen haben.“ Apple teilte in einer Stellungnahme mit, dass Epic einer der erfolgreichsten Entwickler im App-Store sei und sich zudem seinerseits unfair verhalten habe.
Kern des Streits ist, dass Apple von jedem im App-Store getätigten Umsatz 30 Prozent als Kommission einbehält. Zugleich lässt der Konzern auf allen iPhones und iPads nur den hauseigenen App-Store zu. Wollen Entwickler ihre Apps oder digitale Dienstleistungen darin verkaufen, müssen sie dafür Apples Zahlungssystem nutzen und die Gebühren zahlen. Das ist Kern von Epics Beschwerde: Durch diese Regeln habe Apple den freien Wettbewerb der App-Entwickler und Zahlungsanbieter nicht nur geschädigt, sondern vollständig beseitigt – und damit EU-Wettbewerbsrecht gebrochen.
„Der Türsteher der iOS-Geräte“
„Apple ist der Türsteher der iOS-Geräte“, sagte Epics Rechtsanwalt Ashwin van Rooijen der Kanzlei Clifford Chance im Gespräch mit der F.A.Z. „Apple entscheidet, welche Entwickler ihre Apps auf iOS-Geräten installieren dürfen und welche nicht.“ Auch für In-App-Käufe sei der Konzern Monopolist.
Wenn Apple von dieser Praktik abrücken würde, müssten Entwickler wie Epic geringere Gebühren für die Abwicklung ihrer Zahlungen bezahlen und könnten den Kunden geringere Preise anbieten, sagte van Rooijen. Zudem verhalte sich Apple willkürlich, denn die Pflicht, Käufe über Apple abzuwickeln, bestehe nur im App-Store für Mobilgeräte. Im App-Store für Mac-Computer hingegen dürfe Epic das eigene Zahlungssystem nutzen und sei aus diesem deshalb auch nicht ausgeschlossen worden.
Für Entwickler, die im mobilen App-Store weniger als eine Million Dollar Jahresumsatz erzielen, senkte Apple die Kommission zu Jahresbeginn auf 15 Prozent – unter Druck unter anderem durch den Streit mit Epic. Der Videospielentwickler hatte im vergangenen Sommer den Aufstand geprobt und ein eigenes Bezahlsystem in seinen Apps eingeführt, wohl wissend, dass er das nach den Plattformregeln der App-Stores nicht durfte. Daraufhin warfen sowohl Apple wie auch Google Fortnite aus ihren Stores, sodass das Spiel dort nicht mehr heruntergeladen werden kann. Der Google-Konzern kontrolliert mit dem Play Store die zweite große App-Plattform der Welt und verhält sich in Gebührenfragen ganz ähnlich wie der iPhone-Konzern.
Seither präsentiert sich Epic als Opfer der Tech-Giganten. Mehr als 116 Millionen registrierte Nutzer hätten Fortnite vor der Blockade auf einem iPhone oder iPad gespielt, heißt es von dem Unternehmen – mehr als auf jeder anderen Plattform. Inzwischen sei die Zahl der täglich aktiven Fortnite-Spieler auf diesen Geräten um mehr als 60 Prozent gesunken.
In seiner Stellungnahme am Mittwoch hob Apple den Fehdehandschuh auf. Epic habe sich zu einem Multimilliarden-Dollar-Unternehmen entwickelt. Dann habe es „in einer Art und Weise, die ein Richter als trügerisch und heimlich beschrieben hat“, die Zahlungsfunktion aktiviert, die nicht von Apple geprüft oder genehmigt worden sei. „Sie taten dies mit der ausdrücklichen Absicht, die App Store-Richtlinien zu verletzen, die für jeden Entwickler gleichermaßen gelten und Kunden schützen.“ Dieses Verhalten habe Kunden zu „Bauernopfern“ gemacht. „Wir freuen uns darauf, dies gegenüber der Europäischen Kommission deutlich zu machen.“
Die EU-Kommission hat sich auf Apple eingeschossen
Epic suchte sich Verbündete und gründete zusammen mit dem Musik-Streamingdienst Spotify und der Muttergesellschaft der Dating-App Tinder, der Match Group, die „Coalition for App Fairness“. Eine gut orchestrierte Kampagne unter dem Motto „Free Fortnite“ stand bereit, um der Forderung nach Senkung der App-Store-Kommission Nachdruck zu verleihen. Den App-Entwicklern stößt besonders sauer auf, dass ihre Dienste durch Apples Gebühr teurer werden, während der Konzern mit dem Musik-Streamingdienst „Apple Music“ und dem Videospiel-Abo „Apple Arcade“ eigene Dienste auf den Markt bringt, die zu ihren Angeboten in Konkurrenz stehen.
Juristisch reichte Epic ähnlich geartete Klagen wie jetzt in Brüssel schon in Amerika, Großbritannien und Australien ein. Dort richtete das Unternehmen die Beschwerden gleichzeitig auch gegen Google. In Europa stehe im Moment Apple sehr im Fokus, hieß es von Epic auf die Frage, warum der Name Google auf der EU-Beschwerde nicht auftauche.
Damit bezieht sich Epic auf das schon laufende Kartellverfahren der Kommission gegen Apple, das diese im vergangenen Sommer auf eine Beschwerde von Spotify hin eingeleitet hatte. „Es scheint, als habe Apple beim Vertrieb von Apps und Inhalten an Nutzer der beliebten Apple-Geräte die Rolle eines ‚Torwächters‘ eingenommen“, sagte damals auch EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Auch ob der Bezahldienst Apple Pay Wettbewerbsverzerrungen hervorruft, untersucht die Kommission in einem separaten Verfahren.