Zukunftstechnik in Deutschland : Eine neue Chefin für die Künstliche Intelligenz
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Wolfgang Wahlster (l.), seine Nachfolgerin Jana Koehler und der DFKI-Aufsichtsratsvorsitzende Hans-Albert Aukes in Berlin. Bild: DFKI
Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz kriegt eine Chefin: Jana Koehler. Die ehemalige IBM-Forscherin hat viel zu tun – sagt nicht nur Wirtschaftsminister Altmaier.
Wolfgang Wahlster ist ein vielgefragter Fachmann. Als Angela Merkel im Mai zu einer Tagung über Künstliche Intelligenz ins Kanzleramt bat, war Wahlster dabei und hielt einen der beiden Impulsvorträge. In der deutschen Wirtschaft ist der Computerexperte bestens vernetzt, seit vielen Jahren schon leitet er das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) – nun geht er in den Ruhestand und zieht sich von dieser Position zurück.
Auf ihn folgen wird die Informatikerin Jana Koehler, die derzeit im Schweizerischen Luzern lehrt. „Ich bin glücklich, dass nun ein Generationswechsel vollzogen werden kann und dazu erstmals eine Frau das weltweit größte KI-Forschungszentrum führen wird“, sagte Wahlster während eines Festaktes zum 30-jährigen Bestehen des DFKI in Berlin.
Künstliche Intelligenz gilt als eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. Immer schnellere Rechner, gewaltigere Datenmengen und klügere Software haben Computer in den vergangenen Jahren befähigt, sich in immer mehr speziellen Fertigkeiten der Kompetenz des menschlichen Gehirns anzunähern oder sie sogar zu übertreffen – zum Beispiel in der Erkennung der Umgebung oder dem Verstehen gesprochener und geschriebener Sprache.
Globaler KI-Wettbewerb
Unternehmen wie Alphabet (Google), Amazon, Apple, Facebook oder Microsoft setzen stark darauf und sind derzeit die wertvollsten an der Börse gehandelten Konzerne der Welt. Die Führung in Peking möchte die noch zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt in zehn Jahren zur dominierenden KI-Nation des Planeten machen.
In Deutschland tobt eine Diskussion darüber, ob das Land oder Europa Gefahr laufen, den Anschluss zu verlieren. Wahlster selbst gehört zu denjenigen, die durchaus zuversichtlich sind. „Wir können uns dem Wettbewerb erhobenen Hauptes stellen“, sagte er unlängst in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Strategie der deutschen Unternehmen müsse sein, ihre Exportschlager mit Hilfe cleverer Computerprogramme zu „veredeln“.
Andere sind weniger optimistisch. „Die Bundesregierung braucht das DFKI mehr denn je als Partner bei der Gestaltung und Umsetzung der Digitalpolitik“, äußerte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) anlässlich des Jubiläums. Und Bundesforschungsministerin Anja Karliczek warnte ihrerseits: „Wir dürfen uns (..) nicht ausruhen, denn weltweit ist um die Künstliche Intelligenz ein regelrechter Wettlauf entstanden.“
„Als einer der Gründerväter bleibe ich dabei“
Das DFKI, dessen Ziel gerade auch der Transfer der Forschung in Produktideen ist, beschäftigt an seinem Hauptsitz in Saarbrücken und den beiden Standorten in Bremen und Kaiserslautern mehr als 900 Mitarbeiter. Seitdem es existiert, haben die Angestellten bislang 80 Unternehmen ausgegründet – dadurch entstanden nach Angaben des DFKI in der Folge mehr als 2500 Arbeitsplätze.
Es finanziert sich durch öffentliche Mittel und Aufträge aus der Industrie. Zu seinen Gesellschaftern gehören neben den Bundesländern Saarland, Rheinland-Pfalz und Bremen beispielsweise die Unternehmen Bosch, Google, Volkswagen, Microsoft, die Telekom oder BMW.
Die 55 Jahre alte designierte Leiterin Jana Koehler, die ihre neue Stelle im kommenden Februar antreten wird, kennt das DFKI ebenfalls schon gut. Die in Ostberlin aufgewachsene Computerexpertin promovierte sich zu Beginn der neunziger Jahre an der Universität in Saarbrücken – ihr Doktorvater war Wolfgang Wahlster. Danach arbeitete sie unter anderem für den Schweizerischen Aufzughersteller Schindler und als leitende Forscherin zehn Jahre lang für den amerikanischen Computerkonzern IBM.
Wie Wahlster ängstigt auch sie die wachsende Konkurrenz auf dem Feld nicht. „Wenn es um das Knowhow geht, dann sind und werden wir in Europa sicher nicht abgehängt von Amerika oder China“, sagte sie gegenüber FAZ.NET. Eine Schwierigkeit sieht sie eher in den technischen Rahmenbedingungen der Künstlichen Intelligenz. Am Beispiel des digitalen Assistenten, den der Internetkonzern Amazon anbietet, verdeutlicht sie, was sie meint: „Eine Anwendung wie Alexa ist möglich, wenn Sie den ganzen ,Internet-Stack‘ beherrschen – neben Künstlicher Intelligenz also auch die Cloud und Hardware allgemein. Da müssen wir einfach entscheiden, ob wir da wieder dabei sein wollen.“
Wolfgang Wahlster wiederum kündigte seinerseits schon einmal an, dass er seinen Ruhestand nicht als kompletten Abschied versteht. „Als einer der Gründerväter werde ich natürlich auch in Zukunft alles tun, damit das DFKI weiterhin eine führende Rolle in der KI-Forschung und Anwendung spielt.“