Breitbandausbau : Warum die Milliarden für schnelles Internet liegen bleiben
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Glasfaserkabel in der Nahaufnahme. Bild: dpa
Die Förderung steht bereit – doch ein komplizierter Prozess schreckt potentielle Empfänger ab. Vor allem kleine Gemeinden sind mit dem Ausbau überfordert.
Der Breitbandausbau ist ein Liebling der Politik. Schnelles Internet für alle – mit Versprechen wie diesen lassen sich Wählerstimmen gewinnen. Seit der damalige Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) im Jahr 2015 das bundesweite Förderprogramm zum Breitbandausbau auflegte, vergab das Ministerium denn auch eifrig Förderzusagen. Zahlreiche Bürgermeister ließen sich stolz die entsprechenden Bescheide vom Minister überreichen – nur gebracht hat es wenig.
Auf mehr als 3,5 Milliarden Euro summieren sich die bisherigen Förderzusagen an Gemeinden, Städte und Landkreise. Tatsächlich abgeflossen sind davon bislang aber nur 26,6 Millionen Euro, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen hervorgeht. Der Großteil davon, rund 23,4 Millionen Euro, entfällt auf Beratungsleistungen. Damit können die Kommunen prüfen lassen, wo bereits Kabel liegen. Das bedeutet: Tatsächlich verbaut wurden bislang sogar nur gut 3 Millionen Euro. Vollständig abgeschlossen seien drei Jahre nach Programmstart gerade einmal zwei Ausbauprojekte, heißt es in der Antwort.
Die Grünen führen die schleppenden Fortschritte darauf zurück, dass vor allem kleinere Gemeinden mit den technischen Dokumentationspflichten und den europaweiten Ausschreibungen überfordert sind. Besonders groß ist die Diskrepanz etwa in Brandenburg, wo von Förderzusagen in Höhe von 273 Millionen Euro gerade mal 925.000 Euro abgerufen wurden – 0,3 Prozent. Aber auch in Bayern geht es nur schleppend voran: Hier wurden 236 Millionen Euro an Förderung zugesagt, abgerufen aber nur 7,8 Millionen Euro – etwas mehr als 3 Prozent. In Berlin dagegen liegt die Abrufquote bei fast 40 Prozent.
Die Telekom wehrt sich gegen die Vorwürfe
„Das Programm zur Förderung des Breitbandausbaus ist ein Trauerspiel“, sagte Margit Stumpp, Sprecherin für digitale Infrastruktur in der Grünen-Fraktion. Der Landkreis Hameln-Pyrmont habe beispielsweise seine Förderzusage über 15 Millionen lieber zurückgegeben. Neben der komplizierten Programmstruktur kritisiert Stumpp auch die Telekom. Das Unternehmen gewinne viele Ausschreibungen, lasse sich dann aber vertraglich zusichern, dass es sich mit der Verlegung der Kabel mehrere Jahre Zeit lassen kann.
Ein Telekom-Sprecher weist die immer wieder erhobenen Vorwürfe, dass der Konzern den Breitbandausbau hintertreibe, als „haltlos und lächerlich“ zurück. Die Telekom habe mehr als 5000 Kooperationen mit Kommunen überall in der Republik abgeschlossen. Sie beteilige sich an nahezu allen Ausschreibungen und stelle ihre Planungen mit einem Vorlauf von drei Jahren den Städten, Gemeinden, Kreisen und Kommunen zur Verfügung.
Passend zu den Vorhaltungen legte die Telekom am Montag eine Zwischenbilanz des eigenen Breitbandausbaus vor. Allein seit Jahresbeginn habe sie rund 5 Millionen Haushalte mit schnellen Internetanschlüssen versorgt. Insgesamt hätten mittlerweile mehr als 10 Millionen Haushalte in Deutschland Zugang zu Telekom-Anschlüssen mit Geschwindigkeiten von bis zu 100 Megabit je Sekunde. „Unser Netz geht auch in die ländlichen Regionen. Nur wir sind beim Breitbandausbau flächendeckend unterwegs“, sagte der Vorstandsvorsitzende Tim Höttges. Mehr als 5 Milliarden Euro im Jahr würden vor allem in Infrastruktur und Technik investiert.
Die Sache hat allerdings einen Haken: Moderne Glasfaserleitungen zieht die Telekom meistens nur bis zu den Schaltkästen am Straßenrand, während die Verbindung auf der „letzten Meile“ in die Haushalte weiter über herkömmliche Kupferleitungen läuft. Mit Geschwindigkeiten, wie sie das Fernsehkabel oder „echte“ Glasfaseranschlüsse bis in die Häuser und Wohnungen (FTTH) bieten, kann sie deshalb selten mithalten. Mehr Tempo soll in den kommenden Monaten die Aufrüstung durch „Super-Vectoring“ bringen. Mit Hilfe dieser Technik kann der Konzern nach eigenen Angaben bis Jahresende bis zu 15 Millionen Haushalte mit bis zu 250 Megabit je Sekunde versorgen.
Glasfaser bis in die Häuser für Gigabit-Geschwindigkeiten, wie sie die Bundesregierung bis 2025 flächendeckend in ganz Deutschland anstrebt, baut die Telekom dagegen bisher nur in wenigen ausgewählten Gebieten. Rund 800.000 Haushalte sind angeschlossen. In großem Stil einsteigen will der Konzern nur dann, wenn die Politik ihm eine exklusive Nutzung solcher Netze erlaubt. Einige Regionalanbieter sind da deutlich weiter. Marktführer bei den FTTH-Anschlüssen ist die erst vor fünf Jahren gegründete Deutsche Glasfaser, deren aktueller Ausbauplan Investitionen von 1,5 Milliarden Euro für den Anschluss von einer Million Haushalten und Unternehmen vorsieht.