Autonomes Uber-Auto : Kontrollfahrerin schaute vor tödlichem Unfall fern
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Ein selbstfahrend Uber-Testauto in Pittsburgh, Pennsylvania. Bild: Picture-Alliance
Eine Radfahrerin wurde im März von einem selbstfahrenden Uber-Auto erfasst und starb. Wer hat versagt – der Mensch oder die Technik?
Der tödliche Zusammenprall eines selbstfahrenden Uber-Testautos mit einer Radfahrerin in Amerika im März dieses Jahres sorgte auf der ganzen Welt für Schlagzeilen. Zunächst war unklar, warum die Sicherheitsfahrerin, die die Testfahrt begleitete und in Notsituationen eingreifen sollte, nicht reagiert hatte. Nun berichtet „Reuters“ unter Berufung auf einen Polizeibericht, dass die Fahrerin womöglich durch eine Fernsehsendung abgelenkt war.
Die Fahrerin soll die Show über den Streamingdienst Hulu auf ihrem Smartphone verfolgt haben. Laut dem 318 Seiten dicken Polizeibericht der Polizei von Tempe im amerikanischen Bundesstaat Arizona, der am Donnerstag veröffentlicht wurde, habe die Fahrerin bis kurz vor dem Zusammenprall auf das Mobiltelefon und nicht auf die Straße geschaut. Erst eine halbe Sekunde, bevor das Auto die 49 Jahre alte Radfahrerin erfasste, habe sie aufgeblickt. Der Volvo-SUV war im Selbstfahr-Modus mit knapp 70 Stundenkilometern unterwegs.
In dem Bericht heißt es weiter, der Fahrerin könnte nun eine Anklage wegen Totschlags drohen. Auf Grundlage des Untersuchungsberichts wäre der Unfall „absolut vermeidbar“ gewesen, sagte die Polizei.
Kein Kommentar
Die Behörden hatten von dem amerikanischen Streamingdienst Hulu Daten bekommen, die zeigen, dass das Mitgliedskonto der Fahrerin in der Unfallnacht 42 Minuten lang die Talentshow „The Voice“ abspielte. Der Stream endete um kurz vor 22 Uhr, „was mit der geschätzten Unfallzeit zusammenfällt“, heißt es in dem Polizeibericht.
Bislang steht noch nicht fest, ob die Fahrerin mit einem Prozess rechnen muss. Die Polizei habe ihre Untersuchungsergebnisse der örtlichen Staatsanwaltschaft übergeben, die nun die Entscheidung treffen müsse. Die Fahrerin und auch ihr Anwalt waren laut “Reuters“ zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Der Fahrdienst Uber wollte sich nicht zu den neuen Erkenntnissen äußern.
Im vergangenen Monat hatte eine Uber-Sprecherin erklärt, dass das Unternehmen eine umfangreiche Untersuchung durchführe und einen ehemaligen Bundesverkehrsoffizier angeheuert habe, um die Sicherheitskultur von Uber zu verbessern. Der Konzern verbietet Sicherheitsfahrern die Nutzung von mobilen Geräten, während sich die autonom fahrenden Autos im öffentlichen Straßenverkehr bewegen, und droht ihnen bei Missachtung dieser Regel mit einem Rauswurf.
Fahrerin will ihr Handy nicht benutzt haben
Laut Polizei zeigt eine Videoaufnahme des Fahrzeuginneren, dass die Fahrerin während der Fahrt nicht auf die Straße, sondern nach unten blickte und ihr Gesicht „mehrmals ein Grinsen oder ein Lachen aufwies“. Die Untersuchung habe ergeben, dass die Fahrerin in den 22 Minuten vor dem Unfall fast sieben Minuten lang „komplett abgelenkt war und runterschaute“.
Laut einem früheren Bericht der nationalen Fahrsicherheitsbehörde, die den Unfall ebenfalls untersucht, habe die Fahrerin den Ermittlern versichert, die Fahrt beaufsichtigt und weder ihr privates noch ihr geschäftliches Mobiltelefon vor dem Unfall benutzt zu haben. Der Bericht bestätigt auch, dass Uber das Notbremssystem ausgeschaltet hatte und die Fahrerin erst weniger als eine Sekunde vor dem Zusammenprall mit der Radfahrerin bremste. Das Unfallopfer schob gerade ihr Fahrrad abseits eines Zebrastreifens über eine Straße, als sie von dem Volvo erfasst wurde.
Der Unfall bedeutet einen herben Rückschlag für die Bemühungen von Uber, selbstfahrende Autos zu entwickeln. In Arizona wurden die Tests komplett eingestellt. Sie sollen aber in anderen Bundesstaaten wieder aufgenommen werden.