Bill Gates zur Corona-Krise : Drei Bedingungen, um die Pandemie zu stoppen
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Im Bereich der Behandlungsmöglichkeiten wurden bereits bedeutende Fortschritte erzielt. Pharmaunternehmen haben ihre Herstellungsmöglichkeiten gesteigert und einander ihre Fabriken zur Verfügung gestellt. Remdesivir ist ein Medikament von Gilead, doch werden jetzt zusätzliche Mengen in Fabriken von Pfizer hergestellt. Bisher hat noch kein Unternehmen einem Mitbewerber die Nutzung seiner Fabriken auf diese Weise erlaubt. Nun entstehen ähnliche Kooperationen für die Produktion von Impfstoffen.
Heute Morgen haben 16 Pharmaunternehmen mit unserer Stiftung ein wichtiges Abkommen unterzeichnet. Unter anderem haben sich die Unternehmen auf eine Kooperation bei der Impfstoffherstellung geeinigt. Sie wollen die Produktionskapazitäten so schnell wie noch nie erhöhen und dafür sorgen, dass Impfstoffe ehestmöglich überall eingesetzt werden können.
Mittel, um die Impfungen zu bezahlen
Neben den Produktionskapazitäten für die Herstellung brauchen wir aber auch die finanziellen Mittel, um Milliarden Impfstoffdosen für ärmere Länder zu bezahlen. Genau da kann der ACT Accelerator helfen. Es handelt sich um eine Initiative, die von Organisationen wie Gavi oder dem Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria unterstützt wird. Diese Organisationen sind wenig bekannt, doch haben sie die letzten beiden Jahrzehnte damit verbracht, zu Experten der Finanzierung von Impfstoffen, Medikamenten und Diagnoseverfahren zu werden.
Pharmaunternehmen haben das Finanzierungsdilemma erleichtert, indem sie bei einer COVID-19-Impfung auf Gewinne verzichten, um diese so bezahlbar wie möglich zu machen. Aber auch auf öffentlicher Seite bedarf es einer finanziellen Anstrengung.
Das Vereinigte Königreich macht anderen wohlhabenden Staaten vor, was zu tun ist. Seine Spenden an den Accelerator reichen vermutlich aus, um hunderte Millionen Impfstoffdosen für ärmere Länder zu beschaffen. Auch Deutschland hat unter Kanzlerin Merkel und Entwicklungsminister Gerd Müller besondere Führungsstärke bewiesen. Es braucht jetzt noch ein mehr an Tatkraft und Großzügigkeit, um den Mechanismus der vorgezogenen Markteinführung (Advance Market Commitment) zu unterstützen, mit dem Gavi die Grundvoraussetzungen zur Beendigung der Pandemie schafft.
Systeme, die Impfstoffe verbreiten
Wenn wir weltweit schlussendlich über die Produktionskapazitäten und finanziellen Mittel verfügen, werden wir unsere Gesundheitssysteme stärken müssen. Damit meine ich die Menschen und Infrastrukturen, die dafür sorgen, dass ein jeder überall geimpft wird.
Viel lernen können wir dabei von den aktuellen Bemühungen zur Ausrottung von Polio. Sinnbild dafür ist ein Foto, das um alle Welt ging: Gesundheitskräfte waten hüfthoch durch ein Überschwemmungsgebiet und tragen Impfstoffe in Kühlbehältern auf ihrem Kopf, um ein abgelegenes Dorf zu erreichen. Um COVID-19-Fälle in den ärmsten Gegenden der Welt zu identifizieren, braucht es ein ähnliches Netzwerk aus Fachkräften der Primärversorgung, das sogar Orte erreicht, an die keine Straßen führen. Mit dementsprechenden Diagnosemöglichkeiten können diese Fachkräfte auch früh genug warnen, wenn künftig andere Krankheiten von Fledermäusen auf Vögel – oder den Menschen – überspringen.
Mit anderen Worten können wir im Zuge der Ausrottung von COVID-19 auch ein System aufbauen, mit dem jetzt schon die Schäden der nächsten Pandemie begrenzt werden.
Wenn ich im Zuge meiner Auseinandersetzung mit der Geschichte von Pandemien eines gelernt habe, ist das, dass sie eine erstaunliche Dynamik im Bereich Eigeninteresse und Altruismus anstoßen: Pandemien sind einige der wenigen Situationen, in denen der Instinkt eines Landes, sich selbst zu helfen, eng mit dem Instinkt, anderen zu helfen, verbunden ist. Eigeninteresse und Altruismus (der dafür sorgt, dass ärmere Länder Zugang zu Impfungen haben) sind dann ein und dieselbe Sache.