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Digitalsteuer : Frankreich ist empört über Amerikas Absage

Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire findet klare Worte. Bild: EPA

Die Vereinigten Staaten steigen aus wichtigen internationalen Verhandlungen aus. Kommen jetzt lauter nationale Digitalsteuern?

          3 Min.

          Es ist ein Rückschlag für alle Befürworter multilateraler Steuerabkommen: Die Vereinigten Staaten ziehen sich aus Gesprächen über eine internationale Digitalsteuer zurück. Mit dem Projekt, das bei der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) ausgearbeitet wird, sollten nach dem Willen seiner Initiatoren die großen Internetkonzerne höher und damit gerechter besteuert werden.

          Christian Schubert
          Wirtschaftskorrespondent für Italien und Griechenland.
          Werner Mussler
          Wirtschaftskorrespondent in Brüssel.

          Der amerikanische Finanzminister Steven Mnuchin hat nach viel Hin und Her dem Vorhaben nun eine Absage erteilt. In einem Brief an die Regierungen Frankreichs, Großbritanniens, Italiens und Spaniens schrieb er, dass die Gespräche „in einer Sackgasse“ steckten.

          Die Vereinigten Staaten seien nicht bereit, einem Steuermodell zuzustimmen, das die führenden amerikanischen Digitalkonzerne zusätzlich belaste, teilte Mnuchin mit. Es gäbe derzeit Wichtigeres zu tun. „Die Regierungen in der Welt sollte ihre Aufmerksamkeit auf die Wirtschaftsthemen infolge von Covid-19 richten“, meint der amerikanische Finanzminister.

          Er warnte dabei auch ausdrücklich vor nationalen Alleingängen in Form von Digitalsteuern einzelner Staaten. Diese würde Amerika mit Importsteuern sanktionieren.

          „Provokation gegenüber allen Bürgern des Planeten“

          Mehr als 130 Staaten hatten auf Basis der OECD-Vorschläge über zwei Säulen eines neuen internationalen Steuermodells verhandelt. Die erste Säule betraf vor allem die Digitalunternehmen. Sie sah vor, dass Regierungen auch ausländische Unternehmen besteuern dürfen, wenn sie in ihren Ländern nur Umsatz machen, aber keine physische Präsenz haben.

          Die zweite Säule, die der Bundesregierung besonders wichtig ist,  sieht Mindestsätze bei der Unternehmensbesteuerung vor. Die Finanzminister aus Berlin, Paris, Rom und Madrid hatten in einem Brief kürzlich Sätze von 12,5 bis 15 Prozent vorgeschlagen. Mnuchin will Gespräche über diese zweite Säule fortführen und schrieb in seinem Brief, dass man in diesem Punkt „einer Einigung viel näher“ sei. Die Vereinigten Staaten hofften, dass es bis Jahresende zu einem Abkommen kommen könne.

          Die Frage ist nun offen, ob die anderen Länder darauf bestehen, beide Säulen zusammenzuhalten. Daran könnte eine internationale Vereinbarung scheitern.

          Der französische Finanzminister Bruno Le Maire empörte sich am Donnerstagmorgen im französischen Radio über die Amerikaner. „Das ist nicht nur eine Provokation gegenüber all den Regierungen, die bei der OECD verhandelt haben, sondern auch gegenüber allen Bürgern des Planeten“, sagte er. Denn die Bürger hielten es für legitim, dass die Internetgiganten ihren fairen Steueranteil bezahlten, zumal „sie vielleicht die einzigen auf der Welt sind, die während der Coronavirus-Krise enorme Gewinne gemacht haben“, teilte der Minister mit. Er bedauerte den amerikanischen Ausstieg umso mehr, als man nach den Worten des französischen Ministers „nur Zentimeter“ von einer Einigung entfernt gewesen sei.

          Bedauern aus Brüssel

          Frankreich hatte in diesem Jahr seine nationale Digitalsteuer ausgesetzt, die vor allem die amerikanischen Konzerne trifft. Damit wollte Paris eine internationale Lösung erleichtern und den fiskalischen Gegenschlägen entgehen, die Washington in Form von Importsteuern auf Wein und andere französische sowie europäische Produkte angedroht hatte.

          Wenn die Vereinigten Staaten nicht an den Verhandlungstisch zurückkehrten, würde Frankreich seine nationale Digitalsteuer wieder erheben, drohte Le Maire am Donnerstag. Die vier angeschriebenen Nationen Frankreich, Großbritannien, Spanien und Italien hätten in einem Brief auch schon Mnuchin geantwortet und darin ihr Unverständnis über den amerikanischen Rückzug zum Ausdruck gebracht, sagte Le Maire.

          Das britische Finanzministerium teilte am Donnerstag mit, dass Großbritannien weiter an einer internationalen Lösung arbeiten wolle. Die EU-Kommission äußerte sich zurückhaltend und will ihre Linie vorerst nicht ändern. Steuerkommissar Paolo Gentiloni verwies am Donnerstag auf seine kürzlich in der F.A.Z. geäußerte Position, dass er im kommenden Jahr zur Digitalbesteuerung einen eigenen Vorschlag für die EU vorlegen werde, sollte es bis zum Jahresende auf OECD-Ebene zu keiner Einigung kommen.

          „Ich bedauere den Schritt der Vereinigten Staaten sehr, mit dem sie in den internationalen Gesprächen zur Besteuerung der Digitalwirtschaft auf die Bremse getreten sind“, sagte Gentiloni. Er hoffe, dass es sich nur um einen vorübergehenden Rückschlag handele und nicht um ein endgültiges Aus.

          Damit macht der Kommissar deutlich, dass er die globalen Verhandlungen über die Digitalsteuer und die Mindestbesteuerung noch nicht – wie das Mnuchin fordert – trennen will. „Die Europäische Kommission möchte eine globale Lösung, um die Unternehmensbesteuerung ins 21. Jahrhundert zu befördern“, sagte Gentiloni weiter.

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