Vier Wochen nach Zulassung : Betrugsprozess gegen Winterkorn läuft an
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Der ehemalige Vorstandsvorsitzende von VW, Martin Winterkorn Bild: dpa
Fünf Jahre nach dem Dieselskandal haben die Beteiligten im Verfahren gegen den früheren VW-Chef begonnen, das Prozedere zu klären. Winterkorn drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Vor genau vier Wochen hat das Landgericht Braunschweig beschlossen, die Betrugsanklage gegen den früheren VW-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn im Zusammenhang mit dem Diesel-Skandal zuzulassen. Die Richter sehen einen hinreichenden Tatverdacht „wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs“ und wollen das Hauptverfahren eröffnen. Winterkorn weist die Vorwürfe zurück, ebenso wie vier weitere Angeklagte, die neben ihm auf der Anklagebank sitzen sollen. In einem ersten Treffen am Dienstag haben die Prozessbeteiligten nun dem Vernehmen nach damit begonnen, das Prozedere für das Verfahren zu besprechen. Es sei um ein „erstes Beschnuppern, Kennenlernen und um einen Meinungsaustausch gegangen“, heißt es in informierten Kreisen. Die Frage ist unter anderem, ob der Prozess im Februar oder März nächsten Jahres losgehen kann, wie zuletzt kolportiert worden war.

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Berichten zufolge sollen auf der Besprechung auch Informationen ausgetauscht worden sein, die womöglich mit dem Gesundheitszustand Winterkorns zu tun hatten. So soll der Verteidiger des früheren VW-Chefs dem Gericht zwei Atteste überreicht haben. Über den genauen Inhalt sollen die übrigen Teilnehmer des Treffens vorerst nichts erfahren haben, aber die Frage steht im Raum, ob Winterkorns Zustand möglicherweise einem zügigen Start des Prozesses im Wege stehen könnte. Ein Sprecher Winterkorns bezeichnete die Gerüchte darüber gegenüber der F.A.Z. als „reine Spekulation“. Dass der heute 73 Jahre alte ehemalige Konzernchef schon länger mit verschiedenen gesundheitlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, ist allerdings kein Geheimnis.
Winterkorn und die anderen Angeklagten müssen sich vor der 6. Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Braunschweig wegen Betrugs und diverser anderer Straftaten verantworten. Es geht dabei um die Manipulation von mehr als elf Millionen Dieselfahrzeugen der Volkswagen-Konzernmarken VW, Audi und Porsche rund um die Welt. Die Autos enthielten eine Software, die dafür sorgte, dass die Fahrzeuge in Zulassungsprüfungen die Abgasnormen einhielten, auf der Straße aber deutlich mehr gesundheitsschädliches Stickstoffdioxid ausstießen. Amerikanische Behörden hatten die dahinter stehenden Abschalteinrichtungen im September vor fünf Jahren öffentlich gemacht. Volkswagen hatte den Betrug später eingestanden und hat in der Folge schon insgesamt mehr als 30 Milliarden Euro gezahlt.
Sollte es in dem Betrugsverfahren zu einer Verurteilung Winterkorns kommen, drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft. Die Käufer von manipulierten Dieselfahrzeugen des Volkswagen-Konzerns seien über die Verwendung der unerlaubten Abschalteinrichtung getäuscht worden und hätten dadurch einen Vermögensschaden erlitten, argumentiert das Gericht. Winterkorn streitet eine Beteiligung ab. Mit Blick auf diesen Prozess sei es falsch, zu erwarten, dass Winterkorns Gesundheit ein wesentlicher Teil der Verteidigungsstrategie werde, sagt ein Prozessbeobachter, der ihn gut kennt. Das Thema werde in der öffentlichen Wahrnehmung „überbewertet“.
Zusätzlich zu dem Betrugsprozess muss sich Winterkorn im nächsten Jahr ebenfalls vor dem Landgericht Braunschweig in einem weiteren Verfahren wegen möglicher Marktmanipulation verantworten. Hier geht es darum, ob der einstige Volkswagen-Vorstandsvorsitzende die Aktionäre des Konzerns zu spät über die Erkenntnisse der amerikanischen Behörden zu den Diesel-Manipulationen informierte. Winterkorn stand von 2007 bis 2015 an der Spitze der VW AG. Nur Tage nach dem Auffliegen des Diesel-Skandals im September vor fünf Jahren trat er zurück.