Verwaltungsgericht urteilt : Frankfurt muss 2019 Dieselfahrverbot einführen
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Autos auf der Friedensbrücke in Frankfurt Bild: dpa
Frankfurt muss mit einem Fahrverbot für ältere Diesel-Fahrzeuge für bessere Luft sorgen. Für besonders dreckige Autos gilt das ab 1. Februar, andere haben etwas mehr Zeit.
Fahrer älterer Dieselautos müssen sich vom nächsten Jahr an auf Fahrverbote in Frankfurt einstellen. Das Verwaltungsgericht in Wiesbaden entschied am Mittwoch, dass die hessische Landesregierung den Luftreinhalteplan für die fünftgrößte Stadt in Deutschland um Durchfahrbeschränkungen für bestimmte Selbstzünder ergänzen muss. Von Februar 2019 an dürfen dem Urteil nach Diesel-Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 4 und älter nicht mehr in die Stadt fahren.
Zudem betrifft das Fahrverbot auch Benzinfahrzeuge der Euro Norm 1 und 2. Für Diesel der Norm Euro 5 sieht das Urteil ein Einfahrverbot von September nächsten Jahres an vor. „Das Fahrverbot ist notwendig, weil alle übrigen vom Land in Betracht gezogenen Maßnahmen nicht zu einer wirksamen Reduzierung der Stickstoffdioxid-Emissionen in angemessener Zeit führen“, sagte der Vorsitzende Richter des Verwaltungsgerichts in Wiesbaden.
Denkbar sei, dass die Einschränkungen sich an der derzeitigen Umweltzone orientieren. Die Frankfurter Umweltzone umfasst die Fläche innerhalb des Autobahnrings rund um die Stadt. Im Westen wird sie begrenzt durch die A5, im Süden durch die A3 und im Osten und Norden durch die A661.
Stadt Frankfurt enttäuscht
Schon während der Verhandlung hatte das Gericht zuvor durchblicken lassen, dass es bereit ist, die Verbote einzufordern. „Wir müssen begreifen, dass es um die Gefährdung der Gesundheit von uns allen geht“, sagte der Vorsitzende Richter Rolf Hartmann. Er mahnte konkrete Fristen an, bis wann Frankfurt seinen Plan umsetzen muss, mit dem die Luftqualität verbessert werden soll. Ein neuer Luftreinhalteplan, der Grenzwerte für Schadstoffe festlegt, sollte bis Frühjahr nächsten Jahres in Kraft treten, sagte der Richter. Bis Anfang 2020 sollten sich dann erste Erfolge zeigen – in der Form, dass die Schadstoffbelastung in Frankfurt sinkt.
Die Stadt Frankfurt zeigte sich enttäuscht. "Die Bürger und die Städte haben jetzt die Versäumnisse der Automobilindustrie, aber auch der Bundesregierung auszubaden", sagte Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) am Mittwoch. Das Land Hessen müsse jetzt Konsequenzen aus dem Urteil ziehen. "Wir erwarten hier auch eine finanzielle Unterstützung der Landesregierung und der Bundesregierung, was bestimmte Maßnahmen angeht." Unter anderem müssten rund zwei Drittel der etwa 340 Busse des öffentlichen Nahverkehrs in Frankfurt nach dem Urteil nachgerüstet werden.
Atemwege und Herz-Kreislauf gefährdet
Die Wiesbadener Verwaltungsrichter verhandelten am Mittwoch eine von mehreren Klagen der Umweltschutzorganisation Deutsche Umwelthilfe. Die Umwelthilfe führt gegen verschiedene Landesregierungen in Deutschland Prozesse vor Verwaltungsgerichten. Die Organisation fordert, dass die Gerichte Ländern und Bezirksregierungen aufgeben, die Luftreinhaltepläne für mehr als zwei Dutzend Städte zu ändern, in denen der Grenzwert für das Atemgift Stickstoffdioxid überschritten wird. Konkret geht es darum, die Luftreinhaltepläne um Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge zu ergänzen.
Das Gericht habe "den Weg für saubere Luft" frei gemacht, erklärte die Umwelthilfe nach der Verhandlung. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace begrüßte das Urteil: Nachdem die Politik viel zu lange akzeptiert habe, dass Zehntausende gefährlich schmutzige Luft atmen müssten, setze das Gericht nun "wirksame Hilfe" durch. Frankfurt müsse seine Einwohner mit einem flächendeckenden Fahrverbot für ältere Diesel und Benziner vor gesundheitsschädlichen Abgasen schützen, kommentierte Greenpeace das Urteil.
Frankfurt sei damit "die erste deutsche Stadt, die ältere Diesel und Benziner großflächig aussperrt", erklärte die Umweltschutzorganisation. Die hessische Großstadt und alle anderen Städte mit Luftproblemen müssten das Urteil nun "als Fanal für eine überfällige Verkehrswende begreifen". Nur wenn Städte das Angebot an Bussen und Bahnen deutlich erweiterten und ihr Radwegenetz konsequent ausbauten, kämen Menschen künftig "sicher und sauber durch die Stadt".
Im Februar hatte das Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig entschieden, dass Fahrverbote in Deutschland grundsätzlich rechtlich zulässig sind, sofern sie verhältnismäßig sind. Laut dem Umweltbundesamt meldeten im vergangenen Jahr Messstationen in 67 Städten in Deutschland eine Überschreitung des Stickstoffdioxid-Grenzwertes von im Jahresmittel 40 Mikrogramm je Kubikmeter Atemluft. Mediziner argumentieren, Stickstoffdioxid greife die Atemwege an und befördere Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Deshalb sei es notwendig, dass der Grenzwert eingehalten werde.
Fahrverbot in Hamburg seit Ende Mai in Kraft
Seit der Grundsatzentscheidung der Leipziger Richter haben verschiedene Verwaltungsgerichte in Deutschland über Klagen der Umwelthilfe verhandelt. So bereitet die nordrhein-westfälische Stadt Aachen nach einem Urteil des dortigen Verwaltungsgerichts Fahrverbote vor. Die Lage in Düsseldorf ist derweil noch unklar. Der Luftreinhalteplan der nordrhein-westfälischen Stadt war Gegenstand der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Die Landesregierung ist also eigentlich dazu aufgefordert, nun ebenfalls Fahrverbote einzuführen. Sie geht aber davon aus, dass die Stickstoffdioxidbelastung auch ohne dieses Mittel sinken kann.
In Stuttgart soll es von Anfang nächsten Jahres an Fahrverbote für ältere Dieselautos geben, die der Abgasnorm Euro 4 und niedriger entsprechen. Ob von diesem Zeitpunkt an auch Fahrverbote für Fahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 5 kommen, ist derzeit ebenfalls unklar. Die Umwelthilfe führt derweil vor verschiedenen Gerichten weitere Verfahren, um die Fahrverbote per Zwangsvollstreckung zu erwirken.
In Hamburg ist ein Fahrverbot dagegen seit Ende Mai in Kraft. Die Hansestadt hatte schon im vergangenen Jahr ihren Luftreinhalteplan entsprechend angepasst. Seit Juni dürfen ältere Diesel-PKW und Diesel-Lastwagen einen Straßenabschnitt von insgesamt 600 Metern auf der Max-Brauer-Allee in Altona nicht mehr befahren, auf der Stresemannstraße ist lediglich älteren Diesel-LKW die Durchfahrt verboten.