IWF-Prognose : Langsamstes Weltwirtschaftswachstum seit der Finanzkrise
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Chef-Ökonomin Gita Gopinath in Washington. Bild: AFP
Der Handelskonflikt zwischen Amerika und China sowie politische Krisen belasten die Weltwirtschaft: Der Internationale Währungsfonds senkt seine Prognose zum vierten Mal in Folge. Amerika bleibt ein kleiner Lichtblick.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet für dieses Jahr nur noch ein Wachstumsplus von 3 Prozent. Das geht aus seinem am Dienstag vorgelegten World Economic Outlook hervor. Noch nie seit der Finanzkrise ist die Weltwirtschaft so langsam gewachsen wie in diesem Jahr. Neu errichtete Handelsbarrieren und politische Krisen schwächten das Wachstum, berichtet IWF-Chefökonomin Gita Gopinath. Speziell der Handelskonflikt zwischen den Vereinigten Staaten und China reduziert das Wachstum im kommenden Jahr um 0,8 Prozentpunkte.
Allerdings wird das Jahr 2020 besser mit einem prognostizierten Zuwachs von 3,4 Prozent. Die hausgemachte Belastung trifft die Weltwirtschaft in einer Phase, in der langfristige Entwicklungen ohnehin auf die Konjunktur drücken: Dazu zählt der Währungsfonds ein notorisch niedriges Produktivitätswachstum und die vergreisende Gesellschaft in den Industrieländern.
Hart getroffen ist die Industrie: Höhere Zölle und die mit der Handelspolitik verbundene Unsicherheit halten die Unternehmen von Investitionen und vom Kauf neuer Maschinen und anderer Kapitalgüter ab. Dazu kommen Sonderbelastungen für die globale Autoindustrie, die durch neue Emissionsregeln in China und in der EU erschüttert worden sei. Das internationale Handelsvolumen ist im ersten Halbjahr 2019 um ein Prozent auf das niedrigste Niveau seit 2012 gefallen.
Starker Dienstleistungssektor in Amerika
Die Entwicklungen spiegeln sich in der Wachstumsprognose für die stark von Industrie, Autoproduktion und Exporten geprägten deutschen Volkswirtschaft wider, die in diesem Jahr nur um 0,5 Prozent und im kommenden Jahr um 1,2 Prozent wächst. Im Kontrast zur extrem schwachen Industrie bleibt der Dienstleistungssektor stabil und sorgt damit vor allem in den Industrieländern für gute Arbeitsmarktzahlen und ein hohes Konsum-Niveau.
Dieser Trend begünstigt die Wirtschaft in den Vereinigten Staaten, die laut IWF-Prognose in diesem Jahr um 2,4 Prozent und im kommenden um 2,1 Prozent wächst. Das liegt deutlich über dem Wachstumsschnitt der Industrieländer. Faktoren sind ein gesunder Dienstleistungssektor, der einen deutlich größeren Anteil an der Wirtschaftsleistung einnimmt als in Ländern wie Deutschland. Auch die Abhängigkeit vom Außenhandel ist deutlich geringer als in den meisten anderen Ländern.
IWF lobt Geldpolitik
Chinas Wachstum lässt ebenfalls nach: Neben Unsicherheiten im internationalen Handel spielen dabei auch strukturelle Faktoren eine Rolle. Die Regierung in Peking geht gegen die Überschuldung vieler Unternehmen vor und reformiert den Bankensektor.
Der IWF lobt die Geldpolitik, die einen weiteren Absturz der Weltkonjunktur verhindert hat. Sie müsse aber flankiert werden von Fiskalpolitik. IWF-Ökonomin Gopinath nennt Deutschland und die Niederlande als Länder, die ihren fiskalischen Spielraum für Investitionen nutzen sollten. Das wäre wegen niedriger Zinsen ohnehin lohnend.