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Werner Mussler (wmu.)

Gesetzesplan zum Anlegerschutz : Die EU traut Kleinanlegern wenig zu

  • -Aktualisiert am

Mit Augenmaß: EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness im Mai im Europaparlament Bild: EPA

Die EU-Kommission will vorerst kein Provisionsverbot für Finanzberater einführen. Das ist richtig. Der Rest der Vorschläge zum Kleinanlegerschutz wirft allerdings Fragen auf.

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          Die Diskussion um die neuen Vorschläge der EU-Kommission für den Kleinanlegerschutz war von Anfang an von einem Thema beherrscht: dem möglichen Provisionsverbot für Finanzberater. Das kommt jetzt erst einmal nicht.

          Die einen attestieren Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness deshalb jetzt Augenmaß, weil diese nicht das Geschäftsmodell einer ganzen Branche mit Brachialgewalt an die Wand fahren lässt. Die anderen kritisieren, dass sich die EU-Kommission dem Druck der (nicht zuletzt deutschen) Finanzlobby beuge.

          Provisionsberater im Interessenkonflikt

          Beide Argumente sind nicht falsch. Der jetzige Vorschlag beweist tatsächlich Augenmaß, weil ein sofortiges Komplettverbot definitiv zu weit gegangen wäre – und weil McGuinness zugleich durchblicken lässt, dass das Thema für sie auf der Tagesordnung bleibt.

          Das Grundsatzargument der Irin ist nicht von der Hand zu weisen: Wer einen Kunden berät und ihm zugleich Produkte verkauft, für die er Provisionen kassiert, hat schlechte Anreize und steckt in einem Interessenkonflikt.

          Dass das Thema auf dem Tisch bleibt, ist deshalb nur folgerichtig. Ein anderes Modell, das sich an einer reinen Beratung gegen Pauschalhonorar orientiert, wäre der Provisionsberatung wahrscheinlich vorzuziehen.

          Der Rest des Vorschlags wirft Fragen auf, die sich nicht einfach beantworten lassen. Allzu erkennbar folgt die Kommission dem Leitbild eines Verbrauchers, der für vernünftige Anlageentscheidungen zu dumm ist und deshalb von der EU-Behörde auf den richtigen Weg geleitet werden muss. Die von der Kommission beschriebenen Probleme in der real existierenden Beratung – etwa der Mangel an Transparenz über die kassierten Provisionen oder das schlechte Preis-Leistungs-Verhältnis vieler Produkte – lassen sich kaum leugnen. Aber werden sie durch die Vorschläge behoben?

          Schon jetzt produziert jedes Beratungsgespräch so hohen administrativen Aufwand, dass nicht nur Berater, sondern auch Kunden stöhnen und die vielen durch die EU vorgeschriebenen Dokumentationen gar kaum zur Kenntnis nehmen. Der neue Vorschlag scheint noch mehr Bürokratie zu produzieren. Dem richtigen Ziel, mehr Kleinanlegern die Kapitalmärkte schmackhaft zu machen, dient das nicht.

          Werner Mussler
          Wirtschaftskorrespondent in Brüssel.

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