Online-Versand : So viel Verpackungsmüll gab es noch nie
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Altpapiersammelstelle bei Bremen: So viel Verpackungsmüll wie noch nie. Bild: ddp
Der Müllberg in Deutschland wächst und wächst. Während die Grünen eine Wertstofftonne fordern, weckt der Müll an anderer Stelle den Unternehmergeist und macht kreativ.
Kleidergröße S oder M? Warum lange überlegen, wenn man auch einfach beide bestellen und das unpassende Kleidungsstück zurückschicken kann? Immer mehr Deutsch kaufen online ein - und zwar nicht mehr nur Kleidung oder Bücher, sondern inzwischen auch immer mehr Lebensmittel. Kein Wunder also, dass die Masse an Verpackungsmüll in Deutschland auf ein neues Rekordniveau steigt.
Auf eine Anfrage der Grünen hin wurde nun bekannt: Die Deutschen produzieren so viel Verpackungsmüll wie nie. Seit 2003 stieg die Pro-Kopf-Menge von 187,5 Kilogramm auf 212,5 Kilogramm im Jahr 2013. Die gesamte Verpackungsmüllmenge stieg demnach binnen zehn Jahren von 15,5 Millionen auf 17,1 Millionen Tonnen pro Jahr. Die Bundesregierung macht in ihrer Antwort für den Anstieg vor allem das Wachstum beim Internet-Versand verantwortlich. Papier und Karton hätten den „mit Abstand“ größten Anteil am Verpackungsmüll.
Der umweltpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Peter Maiwald, nannte die Müllpolitik der Bundesregierung in der „Welt“ ein „Trauerspiel“. Deutschland produziere mit Abstand am meisten Verpackungsmüll in der gesamten Europäischen Union, sagte er. „Auf diesen Meistertitel können wir nicht stolz sein.“ Die Vorsitzende des Bundestags-Umweltausschusses, Bärbel Höhn (Grüne), sagte, unnütze Verpackungen müssten vermieden werden. „Wir brauchen Anreize, dass die Kaffeekapsel nicht dreifach verpackt ist.“ Auch Salatgurken müssten nicht noch extra mit Plastikfolie überzogen sein.
Denn ein zweiter Grund für den zunehmenden Berg an Verpackungsmüll ist neben dem Online-Versand auch der Trend hin zur Wegwerfgesellschaft. Immer mehr Lebensmittel werden in Einzelportionen unterwegs konsumiert, im Handel gibt es inzwischen nahezu alles als „Single-Portion“ und auch Seniorenhaushalte greifen gerne auf kleinere Größen zurück. Das Umweltministerium betonte, möglichst viele Abfälle sollten recycelt werden. Ein geplantes Wertstoffgesetz sieht vor, die bisherige gelbe Tonne und den gelben Sack zu einer Wertstofftonne zu erweitern. Diese soll nicht nur wie bisher Verpackungen aufnehmen, sondern auch andere Wertstoffe aus Kunststoff und Metall wie Kleiderbügel oder ausrangiertes Plastikspielzeug.
Mit Müll lässt sich Geld verdienen
Angesichts der Berge von Müll werden Unternehmer kreativ. Drei junge Männer aus Halle stellen aus weggeworfenen Produkten Möbel und Designer-Stücke her. „Manchmal reicht ein kleiner Eingriff, um einen ausgedienten Gegenstand wieder modisch zu machen“, sagt der Designer Juri Spetter. Gemeinsam mit seinen früheren Kommilitonen Ludwig Schilling und Tom Hambrock von der Burg-Giebichenstein-Kunsthochschule Halle macht er seit Juli aus alten Gummidichtungen, Werbebannern und Blechdosen hochwertige Waren wie Lampen, Stühle und Vasen.
Der Trend, Altes umzuwandeln und aufzuwerten, nennt sich „Upcycling“ und ist längst nicht mehr so jung wie das junge Unternehmen aus Halle. Schon länger gibt es den Trend, aus ausgebrannten Teelichtern Ohrringe herzustellen oder aus LKW-Planen Taschen zu fertigen. Gerade bei jungen Menschen kämen die Produkte gut an, sagt eine Sprecherin des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie. Auf einer Internet-Plattform versuchen die drei Männer, andere Künstler mit dem selben Ansatz zu animieren, ihre Arbeiten zu zeigen und zu verkaufen.