Die Reproduktion einer historischen Fotografie aus dem Jahr 1906 zeigt nahtlose Radreifen für die Eisengahn in einem Werk der Firma Krupp. Bild: dapd
Wer das Kaiserreich auf Pickelhauben und Marschmusik reduziert, liegt falsch. In dieser wirtschaftlich dynamischen Zeit verwandelte sich Deutschland vom Agrarland zur führenden Industrienation und feierte große Erfolge in Forschung und Wissenschaft.
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Der französische Beobachter war verblüfft. Bewundernd, auch etwas besorgt schrieb er: „Das bis dahin arme Deutschland wurde mit einem Schlage reich.“ Die Vorhaben der Deutschen seien „kolossal“, die Ausführung „ultraschnell“, notierte er. Ein gewaltiges Anwachsen des Wohlstands sei unübersehbar. Heutige Wirtschaftshistoriker gehen davon aus, dass sich in der Epoche des Kaiserreichs von 1871 bis 1914 das deutsche Volkseinkommen auf über 50 Milliarden Gold-Mark mehr als verdreifacht hat.
In den Städten erstaunte ihn kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs „die luxuriöse Ausstattung der Wohnungen, der Möbel, der Kleidung und der Tafel. In zwanzig Jahren haben sich die deutschen Gewohnheiten selbst beim Mittel- und Kleinbürgertum vollkommen verändert.“ Der Genuss von Weißbrot und Wein sei allgemein üblich geworden, „ebenso die Vorliebe für Kleidung aus englischem Tuch und Schnitt“, schrieb der französische Betrachter, den die Historiker Gerhard A. Ritter und Jürgen Kocka in ihrer Sammlung zur deutschen Sozialgeschichte zitieren.
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