
30 Milliarden Euro : Flut ohne Vorbild
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Patrick Haas (SPD, l), Bürgermeister von Stolberg und Olaf Scholz (SPD, 2.v.l), Bundesfinanzminister, laufen an einer zerstörten Bushaltestelle vorbei. Bild: dpa
30 Milliarden Euro wollen Bund und Länder für die Aufräumarbeiten nach der Flut bereitstellen. Die Hochwasserkatastrophe hat alle Risikomodelle gesprengt – es ist nur folgerichtig, dass auch ihre Bewältigung alles Bekannte überschreitet.
Einen „viel größeren Betrag“ im Vergleich zum Hochwasser im Jahr 2013 werde es für den Wiederaufbau brauchen, hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) schon bei seinem Besuch in der von der Flut stark betroffenen Stadt Stolberg nahe Aachen angekündigt. Dass es eine gut fünfmal so große Summe wird, ist trotzdem ein Ausrufezeichen. Knapp sechs Milliarden Euro haben Bund und Länder für den Wiederaufbau in Ostdeutschland aufgebracht, nun wird mit 30 Milliarden Euro gerechnet.
Erstaunlich ist dabei vor allem der große Abstand zur Summe der versicherten Schäden, denn die unterscheiden sich gar nicht so stark in den beiden Flutkatastrophen. Hatte die Versicherungswirtschaft durch das Hochwasser an Elbe und Oder einen Schaden von 4,65 Milliarden Euro beziffert, liegt die erste Schätzung nun bei 4 bis 5 Milliarden. Das zeigt sich auch im Kleinen vor Ort: Das Wohnungsunternehmen LEG, das gut 200 betroffene Wohnungen vor allem in der Ahrregion hat, stellt 1 Million Euro für Entrümpelungsarbeiten vor allem für diejenigen Mieter bereit, die keine Hausratversicherung haben. Und das sind offenbar ziemlich viele. Die Kosten, die dem Unternehmen durch Reparaturen, Ersatzunterbringung oder Mietausfälle entstehen, werden hingegen nahezu vollständig von der Elementarversicherung übernommen.
Die üppigen Hilfszusagen vom Staat dürften die Bereitschaft nicht erhöhen, Versicherungen abzuschließen. Doch zeigt ein Blick auf die von der Flut betroffenen Gebiete auch Wochen nach dem Starkregen, warum die Diskussion um Pflichtversicherungen für Elementarschäden an den Sorgen der Anwohner vorbeigeht. An der Ahr fließt immer noch ungefiltertes Abwasser direkt in den Fluss, weil nicht alle Kläranlagen betriebsbereit sind. Brücken wurden vom Technischen Hilfswerk behelfsmäßig errichtet, Teile der Autobahnen 1 und 61 sind voll gesperrt. Der Energieversorger Eon rechnet damit, dass es vielerorts gut und gerne 18 Monate dauern wird, bis manche Kunden wieder eine Wohnung haben. Die Hochwasserkatastrophe hat alle Risikomodelle gesprengt – es ist nur folgerichtig, dass auch ihre Bewältigung alles Bekannte überschreitet.