Prognose aus Kiel : Deutsche Wirtschaftsleistung ist im Sommer geschrumpft
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Containerschiffe in Bremerhaven Bild: dpa
Schwächelt die größte Volkswirtschaft der Währungsunion? Zahlen deuten darauf hin – und Fachleute nennen konkrete Gründe.
Die deutsche Wirtschaft hat sich von der Finanzkrise schneller erholt als viele andere: Nie hatten so viele Menschen hierzulande eine Stelle, die Arbeitslosenquote befindet sich auf dem niedrigsten Niveau seit der Wiedervereinigung, die Steuereinnahmen sprudeln, der Bund muss schon seit Jahren netto keine neuen Schulden machen.
Ist dieser außergewöhnliche Aufschwung nun zu Ende? Die Fachleute des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel glauben, dass der Sommer zumindest eine veritable Unterbrechung dieses Trends gewesen ist. „Die Wirtschaftsleistung in Deutschland dürfte im dritten Quartal um etwa 0,3 Prozent gesunken sein“, teilten sie an diesem Freitag mit.
„Im Schlussquartal geht's wieder deutlich bergauf“
Offizielle Zahlen gibt es noch nicht. Sie schließen darauf allerdings infolge der jüngst vom Statistikamt Eurostat veröffentlichten vorläufigen Schnellschätzung für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts in der Währungsunion. 0,2 Prozent habe dies gerade betragen – und die deutschen Zahlen bereits mit eingeflossen. In Frankreich hingegen wuchs die Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent, in Italien stagnierte sie.
Einen Grund für die Schwäche haben die Kieler Ökonomen ebenfalls ausgemacht. „Wesentlich beigetragen zu dem Rückgang haben vermutlich Produktionsrückgänge in der Automobilindustrie im Zuge der Einführung des neuen Prüfstandards WLTP zur Bestimmung von Verbrauchs- und Emissionswerten bei PKW“, stellen sie fest.
Die neuen Abgasmessregeln hatten auch in anderen Ländern für eine Abkühlung gesorgt, aber: „Deutsche Hersteller haben das neue Prüfverfahren nicht rechtzeitig für alle Fahrzeugtypen durchlaufen und mussten daher die Produktion im dritten Quartal drosseln“, erklärte das IfW. Darüber hinaus dürften auch Transportprobleme in der Binnenschifffahrt wegen niedriger Pegelstände in den Flüssen die Produktion in anderen Wirtschaftsbereichen wie etwa der Chemieindustrie behindert haben.
Tatsächlich, und das bekräftigen die Forscher wiederum auch, gibt es aus Ihrer Sicht aber keinen Anlass dazu, überaus besorgt zu sein. „Insgesamt dürfte damit das schwache dritte Quartal maßgeblich auf Sondereffekte zurückgehen und somit keine Rückschlüsse auf das konjunkturelle Grundmuster zulassen“, betonte IfW-Konjunkturfachmann Stefan Kooths. Dieses zeige vielmehr weiter nach oben. „Für das Schlussquartal rechnen wir daher mit einem deutlichen Wiederanziehen der Wirtschaftsleistung.“ Also doch kein Ende des langen deutschen Aufschwungs.