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Deutsche Erdölförderung : Klein-Texas in der Lüneburger Heide

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Die Reproduktion einer Postkarte zeigt die Erdölförderung bei Celle um 1917

Die Reproduktion einer Postkarte zeigt die Erdölförderung bei Celle um 1917 Bild: ddp

Vor 150 Jahren begann in Celle mit der „ersten erfolgreichen Ölbohrung der Welt“ das Erdölzeitalter. Seitdem ist die Stadt ein Zentrum für Bohrtechnik - auch wenn das schwarze Gold dort seit 1963 gar nicht mehr gefördert wird.

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          Celle, bekannt als beschauliche Juristenstadt, macht in dieser Woche auf sich aufmerksam als Zentrum der Erdöltechnik in Deutschland: mit einer Ausstellung über die deutsche Erdölgeschichte im Residenzschloss, einer Feierstunde mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) und der Jahrestagung des Wirtschaftsverbandes Erdöl- und Erdgasgewinnung (WEG). Denn vor genau 150 Jahren begann das Erdölzeitalter mit der „ersten erfolgreichen Ölbohrung der Welt“ in Wietze nahe Celle.

          Seitdem wird die Umgebung von Wietze und Celle immer wieder liebevoll als „Klein-Texas“ bezeichnet, wahlweise ist auch von einem „ Hauch von Texas in Niedersachsen“ die Rede. Auch Städtenamen wie Oelheim, zwischen Celle und Peine gelegen, zeugen von der Förderung des fossilen Brennstoffs in der Region. Damals reihte sich ein Bohrturm an den anderen, bis die Entdeckung anderer Ölquellen die Förderung aus kleinen Lagerstätten oder aus Ölschiefer wie im Emsland unrentabel machte. Nach der Aufhebung der Schutzzölle im Jahr 1963 endete die Förderung in Wietze.

          Eigentlich bohrte man nach Braunkohle

          Von dieser Geschichte zeugt das Deutsche Erdölmuseum in Wietze. Es nimmt für sich in Anspruch, das erste Ausstellungshaus der Welt zu sein, das sich diesem Thema widmet. Celle wurde und blieb ein Zentrum von Technologieunternehmern der Bohrtechnik - Baker Hughes, eine der drei größten Erdöl-Servicegesellschaften mit Sitz im texanischen Houston ist in Celle vertreten, zudem andere namhafte internationale Gesellschaften wie Cameron und Halliburton und traditionsreiche deutsche Bohrgesellschaften wie die Itag.

          Ob die Bohrung in Wietze wie weithin behauptet wirklich die erste „ölfundige“ der Welt war, ist nicht gesichert; damals wurde auch in Rumänien und in Baku am Kaspischen Meer gebohrt, dort waren Erdölfelder seit dem Altertum bekannt. Gefestigt ist indes, dass der Geologe Konrad Hunäus im Juni 1859 einige Monate vor der Bohrung am Oil Creek im amerikanischen Pennsylvania, der ersten größeren entdeckten Erdöllagerstätte, und vor den Texanern auf Öl stieß. Dabei bohrte man eigentlich eher nach Braunkohle, wiewohl Bauern in Wietze seit dem siebzehnten Jahrhundert Teer auf den Feldern als „schwarze Salbe“ zum Heilen und als Schmiermittel verkauften. Vor hundert Jahren kamen vier Fünftel der deutschen Erdölproduktion aus Wietze, 30 Unternehmen förderten dort.

          Fieberhafte Suche nach dem schwarzen Gold

          Mittlerweile hat sich die deutsche Erdölförderung von der Heide zum Nordsee-Feld Mittelplate verlagert und in die Grafschaft Bentheim nahe der Grenze zu den Niederlanden, etwa in Emlichheim. In den ersten Monaten dieses Jahres wurde 60 Prozent des deutschen Erdöls in Schleswig-Holstein gefördert und 35 Prozent in Niedersachsen.

          Der gestiegene Erdölpreis trägt dazu bei, dass die Suche weitergeht. Einige der in den vergangenen zwei, drei Jahren erteilten Such- und Förderkonzessionen liegen in Niedersachsen in den Landkreisen Osnabrück und Schaumburg sowie an der Nordsee. Das in Deutschland geförderte Erdöl deckt 3 Prozent des deutschen Rohölbedarfs - immerhin können damit 140.000 Autos fahren und eine Viertel Million Haushalte damit heizen. Dank des stark steigenden Anteils von Windenergie in Deutschland dürfte aber der noch vor einem Jahr geäußerte Satz des WEG-Sprechers Hartmut Pick nicht mehr gelten, dass in Deutschland gefördertes Erdöl mehr Energie erzeuge als „alle Windräder in Deutschland zusammen“.

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