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Absprachen bei Abgasreinigung : Deutsche Autobauer müssen 875 Millionen Euro zahlen

Ist mit einem Zwölf-Liter-AdBlue-Tank ausgerüstet: der Audi Q3 Bild: Reuters

Wegen Absprachen zu sogenannten AdBlue-Tanks für eine bessere Abgasreinigung müssen BMW und Volkswagen Millionen-Bußgelder zahlen. Daimler geht als Kronzeuge des Kartells straffrei aus.

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          Mit einem Bußgeld von insgesamt rund 875,2 Millionen Euro hat die EU-Kommission am Donnerstag ihr Kartellverfahren gegen die deutschen Autobauer VW, BMW und Daimler wegen Absprachen zur Abgasnachbehandlung in Dieselautos abgeschlossen. Das höchste Bußgeld muss mit 502,4 Millionen Euro der VW-Konzern bezahlen, der an dem Kartell mit seinen drei Marken VW, Audi und Porsche beteiligt war und den höchsten Jahresumsatz als „Bemessungsgrundlage“ für das Bußgeld aufweist. Da VW den Verstoß gegen das EU-Kartellrecht aber eingestand, erhielt der Konzern einen Nachlass von 45 Prozent.

          Werner Mussler
          Wirtschaftskorrespondent in Brüssel.
          Carsten Germis
          Wirtschaftskorrespondent in Hamburg.
          Henning Peitsmeier
          Wirtschaftskorrespondent in München.

          Auf BMW entfielen 372,8 Millionen Euro. Daimler muss nichts bezahlen. Der Stuttgarter Autobauer ging aus dem Verfahren straffrei hervor, weil er das Kartell in Brüssel angezeigt hatte und voll von der Kronzeugenregelung profitierte. Ohne den hundertprozentigen Nachlass hätte Daimler 727 Millionen Euro zahlen müssen. Alle drei Unternehmen erhielten einen Nachlass von weiteren 10 Prozent, weil sie die Beteiligung an dem Kartell eingestanden und „die Verantwortung dafür unternommen“ hätten, teilte die Kommission mit.

          EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sagte in Brüssel, die fünf Hersteller hätten über die Technologie verfügt, mit der sich die schädlichen Emissionen über die Vorgaben der EU-Abgasnormen hinaus reduzieren ließen. „Sie haben aber einen Wettbewerb darüber vermieden, das volle Potenzial dieser Technologie zu nutzen, um besser zu reinigen als vom Gesetz vorgesehen. Somit ist der heutige Beschluss ein Beispiel dafür, was passieren kann, wenn eine eigentlich legitime technische Zusammenarbeit schiefgelaufen ist. Wir dulden es nicht, wenn Unternehmen Absprachen treffen, die gegen das EU-Kartellrecht verstoßen.“

          Die EU-Wettbewerbsbehörde hatte ihre Untersuchung im Juli 2017 eingeleitet und das Kartellverfahren im September 2018 offiziell eröffnet. Bei der Eröffnung des Verfahrens war allgemein eine Gesamtbuße in Milliardenhöhe erwartet worden.

          Absprachen zum Nachteil der Verbraucher

          Nach den Erkenntnissen der Kommission haben sich Vertreter von Daimler, BMW und der drei Volkswagen-Unternehmen zwischen 2009 und 2014 regelmäßig in einem „Fünferkreis“ getroffen. Die Absprachen seien darauf gerichtet gewesen, „den Wettbewerb bei der Entwicklung von Technologien zur Reinigung der Emissionen von Diesel- und Benzin-Pkw einzuschränken“.

          Vestager sagte, die Unternehmen hätten durchaus das Recht gehabt, sich zur Entwicklung gemeinsamer technischer Standards zu koordinieren. Sie könnten „auf viele Arten zusammenarbeiten, um die Qualität ihrer Produkte abzusprechen“. Allerdings dürften sie keine Absprachen treffen, die genau das Gegenteil bewirkten sollen. Das Kartell habe den Verbrauchern in der EU die Möglichkeit verwehrt, Fahrzeuge mit der besten verfügbaren Technologie zu kaufen.

          Die Vorwürfe der EU-Behörde bezogen sich zum einen auf Katalysatoren, mit denen durch die Eindosierung des Harnstoffs AdBlue in den Treibstoff schädliche Stickstoffemissionen reduziert werden. Die Hersteller hätten das „gemeinsame Verständnis“ geteilt, dass der AdBlue-Verbrauch und damit die Wirksamkeit der Abgasreinigung „begrenzt“ werden solle, teilte die Kommission mit. Speziell sei man sich einig gewesen, kleine AdBlue-Tanks zu verbauen. Zum anderen sind Partikelfilter zur Verringerung schädlicher Emissionen in den Abgasen von Benzin-Autos mit Direkteinspritzung betroffen.

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