Fazit zum G-7-Treffen : Der Gipfel des Stillstands
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Wie soll man mit Trumps immer neuen Vorwürfen umgehen? Die Bundeskanzlerin auf der Suche nach einer „Arbeitsmethode“ Bild: AFP
Der G-7-Gipfel endet mit Mini-Kompromissen – doch selbst die unterschreiben nicht alle Teilnehmer. Amerikas Präsident überzeugt lediglich mit markigen Worten. Und Angela Merkel gibt sich desillusioniert.
Es ist kein Eklat geworden: Das ist wahrscheinlich der größte Erfolg des Gipfels der sieben führenden Industrieländer im kanadischen La Malbaie. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Samstagmittag kanadischer Zeit, nach menschlichem Ermessen werde es ein Abschlusskommuniqué geben. Das allerdings wird nicht wesentlich über das hinausgehen, was schon auf vergangenen Gipfeln beschlossen wurde. Später am Abend bestätigte der kanadische Premierminister Justin Trudeau zum Abschluss der Tagung: „Wir haben ein Kommuniqué.“
Immerhin bekennen sich die G7 zum regelbasierten Welthandel, gegen Protektionismus und für eine Reform der Welthandelsorganisation (WTO) – auch der amerikanische Präsident Donald Trump, der insbesondere die WTO zuletzt scharf kritisiert hatte. Merkel sagte aber auch: „Das löst nicht die Probleme im Detail.“ Die aktuellen Meinungsverschiedenheiten im Handel seien damit nicht aus der Welt.
Bei einem anderen Ziel halten sich die Vereinigten Staaten von vornherein raus: dass bis zum Jahr 2030 aller Plastikmüll wiederverwertbar sein soll. Zwar seien die Amerikaner grundsätzlich für den Schutz der Ozeane, berichtete Merkel. Auf ein konkretes Ziel wollten sie sich diesbezüglich jedoch nicht festlegen. Insgesamt konnten die G7 in Kanada keinen Konsens über die Klimapolitik erreichen. In der Abschlusserklärung des Gipfels ist eine Passage mit einem Bekenntnis zum Pariser Klimaschutzabkommen lediglich im Namen von sechs Gruppenmitgliedern verfasst – also ohne die Vereinigten Staaten.
„Wir sind das Sparschwein, das jeder ausnimmt“
Während Merkel und die Regierungschefs von Kanada, Japan, Großbritannien, Frankreich und Italien noch eine dreistündige Sitzung zu den Weltmeeren abhielten, war Trump schon wieder unterwegs. Zuvor hatte er sich in seinem Abschluss-Statement als großer Freihändler präsentiert. Sein Vorschlag: In der G-7-Gruppe sollten alle Handelsschranken fallen. „Null Zölle, null Handelsbarrieren, null Subventionen“. Es könne nicht so weitergehen, dass die Vereinigten Staaten viel höhere Zölle zahlten als andere. „Wir sind das Sparschwein, das jeder ausnimmt.“ Trump stellte klar, dass sich seine Kritik nicht gegen die Handelspartner der Vereinigten Staaten richte, sondern gegen die früheren amerikanischen Regierungen. Sie hätten einen schlechten Job gemacht. Die Zölle würden sich ändern, das sei „zu 100 Prozent“ sicher. Sonst werde es eben keinen Handel mehr geben.
Auch Teilnehmer von europäischer Seite hatten über den Trump’schen Vorstoß der Null-Zölle berichtet, sich jedoch zunächst nicht weiter dazu geäußert. Stattdessen wurde das Angebot einer „gemeinsamen Analyse“ lanciert. Auf EU-Ebene sollten verschiedene Branchen und die Handelshemmnisse dort ebenso untersucht werden, wie die Amerikaner dies täten. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bot an, mit dieser Analyse dann zu Gesprächen nach Washington zu reisen. Trump soll darauf dem Vernehmen nach nicht abgeneigt reagiert haben.
„Arbeitsmethoden“ für den Umgang mit Trump
Nach den heftigen Wortgefechten, die Trump, der kanadische Premierminister Justin Trudeau und der französische Präsident Emmanuel Macron im Vorfeld des Gipfels über Twitter ausgetauscht hatten, war der Tonfall in Kanada offenbar wieder etwas freundlicher. Es komme zaghaft Bewegung in die Gespräche, hieß es. Allerdings klangen Zweifel durch, ob die Vereinigten Staaten wirklich an einer Beilegung des Konflikts interessiert sind, wenn sie nicht ihre Maximalforderung durchsetzen können. Trump hatte seine Handelspartner in den vergangenen nicht nur mit Strafzöllen auf Stahl und Aluminium düpiert. Er lässt auch höhere Zölle auf Autoimporte prüfen. Unmittelbar nach dem Ende des Gipfels kündigte Trudeau an, dass er weiterhin Gegenzölle auf amerikanische Produkte zum 1. Juli in Kraft setzen wolle. Diese sollten den gleichen Umfang haben wie die Zölle, „welche die Amerikaner uns ungerechtfertigter Weise auferlegt haben“.
Immer wieder war auf dem Gipfel zu hören, man müsse eine „Arbeitsmethode“ finden, um mit Trump um seinen immer neuen Vorwürfen umzugehen. Beobachter rechnen aber kaum damit, dass Trump von seinem Standpunkt abrückt. Er betrachtet das Handelsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten als eine Niederlage, als eine offene Rechnung, die andere jetzt zu begleichen haben. Pünktlich zum Gipfel rechnete sein Wirtschaftsberater Peter Navarro in der „New York Times“ noch einmal akribisch die Handelszahlen mit den einzelnen Ländern vor. Und merkte an, dass auch die Produktion deutscher Autohersteller in den Vereinigten Staaten die Sache nur bedingt besser mache, denn nur rund ein Drittel der Teile komme aus den Vereinigten Staaten.
Merkel hat auf dem Gipfel noch einmal Bereitschaft signalisiert, über den deutschen Exportüberschuss zu reden. Deutschland wehrt sich allerdings die Forderung der Amerikaner, dass der Handelsüberschuss binnen weniger Jahre sinken müsse und auch dagegen, dass die Amerikaner immer alles mit allem verknüpfen wollen – Autozölle und Verteidigungsausgaben zum Beispiel.