Debatte um die Europameisterschaft : Die Sponsoren halten sich raus
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Adidas gehört zu den Hauptsponsoren der Europameisterschaft Bild: dpa
Der Fall Timoschenko rückt die Europameisterschaft in ein fragwürdiges Licht. Die Geldgeber versuchen zu beschwichtigen. Doch wenn der Ruf der Spiele leidet, trifft das auch die Unternehmen.
Einen Monat vor Beginn der Europameisterschaft in der Ukraine und Polen zerschlägt sich die Hoffnung der Geldgeber auf ein unbelastetes Fußballfest. Wegen des Umgangs der ukrainischen Behörden mit der ehemaligen Regierungschefin Julia Timoschenko wollen inzwischen zahlreiche Politiker der Meisterschaft fernbleiben. Das schadet dem Ruf der Spiele, an denen sich große Sponsoren wie der Autozulieferer Continental und der Sportartikelkonzern Adidas beteiligen. „Wir sind nicht glücklich mit der politischen Situation in der Ukraine“, sagte ein Sprecher von Continental. In der Vergangenheit hätten viele Regierungen versucht, mehr Demokratie in das Land zu bringen. Das habe keine Wirkung gezeigt. Der Konzern glaube aber nicht, dass eine Sportveranstaltung die Situation verändern könne.
„Eine Sache, die die Politik klären muss“
Der Autohersteller Hyundai will sich aus der Diskussion heraushalten. Den Konflikt um Timoschenko wolle man nicht bewerten, sagte eine Sprecherin. An dem Sponsoring von Hyundai ändere sich nichts. Zurückhaltend äußerte sich auch ein Sprecher von Adidas. Das Unternehmen unterstütze die Haltung der UEFA, sich nicht in interne Geschäfte von Regierungen einzumischen. „Das ist eine Sache, die die Politik klären muss, nicht die UEFA und schon gar nicht die Sponsoren“, sagte er.
Gemeinsam mit Continental, Hyundai und sieben weiteren internationalen Konzernen - darunter Carlsberg, Coca-Cola, Mc Donalds und Sharp - gehört Adidas zu den zehn Top-Sponsoren der Euro 2012. Die Fußball-Europameisterschaft hat für die Franken einen hohen Stellenwert, weil der im Dax notierte Konzern 16 teilnehmende Teams ausrüstet, eines mehr als der amerikanische Rivale Nike. Dazu gehören die klar favorisierten Mannschaften Spanien (Weltmeister von 2010 in Südafrika) sowie Deutschland. Adidas stattet außerdem die Schiedsrichter aus und stellt den Spielball. Zudem hofft das Unternehmen auf hohen Umsatz mit EM-Trikots und Zubehör für Fans.
Zweifel an den Beschwichtigungen
Schon zuvor hatte der Chef des zweitgrößten Sportartikelherstellers der Welt Herbert Hainer gesagt, dass die Diskussion um einen wie auch immer gearteten Boykott gegen die Ukraine keine negativen Auswirkungen auf das Fußballgeschäft von Adidas haben werde. Im Jahr 2012 soll das Segment immerhin mehr als 1,5 Milliarden Euro zum Konzernumsatz beisteuern.
Experten zweifeln allerdings an den Beschwichtigungen der Sponsoren. Denn bisher stehen die Spiele unter keinem guten Stern. Bereits im vergangenen Jahr hatte ein Skandal um angebliche Massen-Tiertötungen in der Ukraine für heftige Kritik gesorgt. Dass nun auch noch politische Querelen hinzukommen, könnte durchaus negative Folgen haben. Schließlich stehen die Unternehmen mit ihrem Namen für die Veranstaltung ein. „Das Image der Spiele überträgt sich automatisch auf die Sponsoren“, sagte der Präsident des Fachverbands Sponsoring, Oliver Kaiser. Wenn der Ruf der Europameisterschaft leide, treffe das auch die Geldgeber.
Ausstiegsklauseln nicht vorhanden
Er schätzt, dass die zehn Hauptsponsoren für die Euro 2012 jeweils zwischen 30 und 40 Millionen Euro an die Uefa zahlen. Dafür bekommen sie ein Paket an Leistungen. So wird Werbung von Continental auf den Bannern am Spielfeldrand zu sehen sein. Fahnen des Unternehmens werden vor den Stadien flattern. Zudem bekommt der Konzern ein Kontingent an Tickets für Kunden und Geschäftspartner. Genaue Zahlen zu den Verträgen der Sponsoren sind nicht bekannt.
Die Unternehmen halten sich auch deshalb aus den politischen Konflikten heraus, um keinen Ärger mit der Uefa zu bekommen. Denn dann könnte sich die Ausgangsposition für Verhandlungen künftiger Sponsorenverträge deutlich verschlechtern, so die Befürchtung. Adidas hat das Top-Sponsoring für die Weltmeisterschaft in Brasilien (2014) sowie für die nächste EM in Frankreich (2016) schon vertraglich fixiert. Das will man nicht durch Verstöße gegen die offizielle Linie des Veranstalters aufs Spiel setzen. Ohnehin hätten die Sponsoren kaum Möglichkeiten, auf die politische Situation in der Ukraine zu reagieren, glaubt Sponsoringexperte Kaiser. Schließlich gebe es keine Klausel, die einen Ausstieg im Fall von Menschenrechtsverstößen und Korruption vorsehe. „Ich würde es sehr befürworten, dass Sponsorenverträge in naher Zukunft solche Ausstiegsklauseln haben werden“, sagte er.