Corona und Konzerte : „... sonst ist die Kultur- und Clublandschaft bedroht“
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Die amerikanische Indie-Rock-Band The National Mitte Juli 2019 in der Frankfurter Jahrhunderthalle - auch sie haben schon Konzerte verlegen müssen. Bild: Marina Pepaj
Veranstalter, Musiker und andere in der Konzertbranche stehen vor finanziell extrem schwierigen Zeiten. Viele Touren werden verschoben – doch das ist für viele aktuell nicht die erste Sorge.
James Blunt mit Band vor leeren Rängen in der Hamburger Elbphilharmonie – kostenfrei per Stream im Internet zu sehen. Ist das eine Variante für Musiker in Zeiten der Corona-Epidemie, doch noch etwas Geld zu verdienen über Spenden für solche Auftritte? Carlo Schenk, der unter anderem die deutsche Pop-Band AnnenMayKantereit managt, sieht das skeptisch: „Wir haben schon darüber nachgedacht, aber wenn man eine gute Qualität bieten will, ist das kostspielig und am Ende ist der Witz nach einem Mal erzählt.“ Doch im Fall von Blunt war die Telekom als Sponsor mit im Boot und die Elbphilharmonie bietet ohnehin regelmäßig Live-Streams an. Die vielen Veranstalter, Konzerthäuser und der Tross an Menschen, die an der Durchführung einer Tour beteiligt sind, haben davon nichts.
AnnenMayKantereit mussten die fünf letzten Termine ihrer laufenden Tournee absagen, darunter auch das Konzert in der gut 15.000 Zuschauer fassenden Kölner Lanxess-Arena. In Folge der Schutzmaßnahmen haben fast alle deutschen Bundesländer Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern untersagt. Regional gibt es schon schärfere Maßnahmen und nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstagabend dazu aufgerufen hat, „alle nicht notwendigen“ Veranstaltungen mit weniger als 1000 Teilnehmern abzusagen, dürfte die Konzertbranche auf kurz oder lang erstmal zum Erliegen kommen. Baden-Württemberg untersagte etwa am Freitagmittag öffentliche Veranstaltungen mit mehr als 100 Teilnehmern in geschlossenen Räumen. In den vergangenen Tagen hatten manche Veranstalter noch gezielt Kartenkontingente verkleinert, um nicht die Schwelle von 1000 Besuchern zu überschreiten.
Weltweit werden derzeit reihenweise Touren vorerst abgesagt. Wer Reiserücktrittsversicherungen hat, bleibt zumindest nicht auf diesen Ausgaben sitzen. Doch neben ausbleibenden Gagen und der Bezahlung für freiberufliche Musiker, die für Konzerte engagiert werden, können auch Kosten für angemietete Technik anfallen – von den Ausgaben, die die Vorbereitung einer Tour mit sich bringt, einmal ganz zu schweigen. Zudem brechen mit dem Verkauf von Fanartikeln und physischen Tonträgern bei Konzerten Einnahmen weg, deren Bedeutung gerade für kleine und mittlere Künstler nicht zu unterschätzen ist. Die Aussicht, dass durch die Maßnahmen gegen die weitere Vertreibung des Coronavirus mehr Musik auf Spotify und Co. gestreamt wird, dürfte die Wenigsten trösten. Für ein auskömmliches Einkommen alleine aus Streaming-Tantiemen braucht es schon Millionen an Abrufen im Monat.
Zunächst keine Erstattung von Karten mehr?
„Solange wir die Konzerte nachholen, ist alles noch einigermaßen verkraftbar“, sagt Manager Schenk. Aktuell sind alle in der Branche mit der Rückerstattung von verkauften Tickets, Verlegen und Umorganisieren beschäftigt – soweit es irgendwie möglich ist, denn mögliche neue Termine kollidieren womöglich mit schon geplanten Veranstaltungen im Sommer oder Anfang 2021. Dazu komme, dass man womöglich im Sommer die Konzerte nur unter Auflagen nachholen könne, die deutlich mehr Kosten verursachten als ursprünglich geplant. „Die konkreten Mehrkosten kann jetzt noch niemand seriös abschätzen“, konstatiert Schenk gegenüber der F.A.Z.