Der Notfall „Pandemie“ rechtfertigt nicht den Rechtsbruch
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Otmar Issing, Präsident des Center for Financial Studies in Frankfurt, kritisiert die neuen EZB-Programme angesichts der Corona-Krise. Bild: dpa
Solidarität führt über Staatshilfen, die die nationalen Parlamente billigen müssen. Ein kritischer Blick auf die EZB-Programme von Otmar Issing, Präsident des Center for Financial Studies und ehemaliger Chefsvolkswirtschaft der EZB.
Bundeskanzlerin Merkel hat zu Recht von der größten Krise der Nachkriegszeit gesprochen. Das gilt zuerst und vor allem für die Bedrohung für Leib und Leben durch die Pandemie. Gleichzeitig erleidet Deutschland zusammen mit vielen anderen Ländern einen negativen ökonomischen Schock in einem Ausmaß, das die schwere Krise von 2008 bei weitem übertrifft. Ein Blick auf die leeren Innenstädte verdeutlicht die gewaltige Dimension: Millionen Existenzen, vom Einzelhandel bis zum Restaurant oder Friseur, sind bedroht. Es liegt auf der Hand, dass die notwendigen Maßnahmen den Einsatz immenser finanzieller Mittel erfordern. Darüber hinaus bedarf es vorübergehender Ausnahmen auf vielen Gebieten wie der Steuerpolitik, aller möglichen regulatorischen Vorschriften und rechtlicher Hemmnisse. Kurzum, die Wirtschaftspolitik ist mit einer Mammutaufgabe konfrontiert. Nur eine genaue Kenntnis der komplexen Strukturen der Wirtschaft ermöglicht zielgenaue Maßnahmen.
Stunde der nationalen Wirtschaftspolitik
Diese Krise ist schon deshalb in erster Linie die Stunde der nationalen Wirtschaftspolitik. Deutschland befindet sich in der beneidenswerten Lage, nach Jahren der Überschüsse im öffentlichen Haushalt über einen großen finanziellen Spielraum zu verfügen. Im Gefolge der Krise wird der Schuldenstand wieder deutlich ansteigen. Aber es macht eben einen erheblichen Unterschied, ob die absehbaren und notwendigen Defizite in den öffentlichen Haushalten von einem Ausgangspunkt von rund 60 Prozent der Staatsschuld (im Verhältnis zum Sozialprodukt) oder von sehr viel höheren Schuldenständen aus starten.
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