Ansteckungsgefahr : Neue Zombie-Unternehmen gefährden gesunde Betriebe
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Noch künstlich am Leben: Als Zombie-Unternehmen gelten verschuldete Unternehmen, die aufgrund eines unprofitablen Geschäftsbetriebs eigentlich nicht in der Lage sind, die Zinsen von aufgenommenen Krediten zu zahlen. Bild: AP
Viele Betriebe in Not zahlen die Umsatzsteuer nicht mehr. Die FDP warnt vor dem Ansteckungspotential für die gesamte Wirtschaft.
Die Sorgen vor Zombie-Unternehmen wachsen in Deutschland mit der Corona-Krise. Durch die staatlichen Hilfen entsteht auch eine Gefahr für die Wirtschaft, wenn zahlreiche Betriebe künstlich weiterbestehen, ohne dass ihr Geschäft überlebensfähig ist. Ein Zeichen dafür sind hohe Steuerstundungen, die der Staat den Unternehmen in der Not gewährt. Für die Umsatzsteuer summiert sich das von März bis August dieses Jahres laut Bundesfinanzministerium auf 328 Millionen Euro. In diesem Umfang haben 14 Bundesländer von März bis August dieses Jahres auf die Vollstreckung der von ihnen verwalteten Steuerart verzichtet.
Für die FDP-Abgeordnete Judith Skudelny zeigt die Tatsache, dass von der Vollstreckung von Umsatzsteuer in dieser Höhe abgesehen wurde, dass die Unternehmen nicht einmal mehr die Liquidität haben, um angenommene Fremdgelder abzuführen. „Man braucht kein Frühwarnsystem, um zu erkennen, dass die Unternehmen auf dem Zahnfleisch kriechen“, sagte die Fraktionsberichterstatterin für Insolvenzrecht der F.A.Z. „Und ähnlich wie von Corona geht von solchen Unternehmen Ansteckungspotential auf gesunde Unternehmen aus.“ Sie sorgt sich, dass nur dem Anschein nach funktionierende Unternehmen am Laufen bleiben und so am Ende ein höherer Schaden entsteht.
Der Staat hilft Unternehmen an vielen Stellen
Wenn die am Laufen gehaltenen Unternehmen eines Tages Insolvenz anmelden und Rechnungen nicht mehr bezahlen können, fehlen auch anderen Unternehmen Einnahmen. In der Corona-Pandemie erhalten Betriebe deutlich mehr Staatshilfe wie Kurzarbeitergeld sowie Kredite und Bürgschaften über die Förderbank KfW.
Viele Wirtschaftswissenschaftler sehen vor allem in der ausgesetzten Insolvenzantragspflicht ein Risiko für die Entstehung von Zombie-Unternehmen: Ein Großteil von ihnen gab das im Oktober im Ökonomenpanel, einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts und der F.A.Z., an. Unternehmen, die seit Frühjahr coronabedingt in Zahlungsschwierigkeiten geraten sind, müssen dies erst seit Oktober melden. Im Fall von coronabedingter Überschuldung ist die Antragspflicht noch länger ausgesetzt.
Aus der Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der FDP zu Steuerstundungen geht weiter hervor, dass der Staat von März bis August auf die Vollstreckung der Einkommensteuer von 416 Millionen Euro verzichtet hat. Im April war die Steuerschuld besonders hoch, für den in dem Monat von der Vollstreckung abgesehen wurde. Ausgenommen sind davon das Saarland und Sachsen. Zu den beiden Ländern liegen dem Bundesfinanzministerium keine Daten vor.